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Autor Thema: Hypnose-Tipps für Anfänger - "das erste Mal"  (Gelesen 21560 mal)

Offline Lutz

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Hypnose-Tipps für Anfänger - "das erste Mal"
« am: 21. Dez 2006, 02:12 Uhr »
Hallo zusammen,

jeder aktiv Hypnotisierende hat einst schüchtern begonnen und so möchte ich hier mal ein paar Vorschläge machen, wie die erste Hypnose vielleicht und hoffentlich zum Erfolg führen kann.
Dabei soll dieser Beitrag keineswegs eine Ermunterung sein, gänzlich ohne Vorwissen drauflos zu hypnotisieren. Und aus diesem Grund werde ich hier auch keine Anweisungen geben, was inhaltlich gesagt/getan werden soll; ich setze vielmehr voraus, dass man sich schon auf anderen Wegen (Seminar, Literatur, Internet, Foren...) ein unabdingbares Grundwissen darüber angeeignet hat, wie so eine Hypnose überhaupt funktioniert und vonstatten gehen kann.

Dieser Beitrag will sich in seiner Hilfestellung beschränken auf ergänzende Tipps, die vielleicht über den handwerklichen Inhalt der Suggestionen hinaus dienlich sein können:


1. Beim ersten Mal nur eine Leerhypnose durchführen!

Hypnose kann ein segensreiches Instrument sein, um jemandem eine schöne Zeit in Trance zu bescheren oder sogar das Leben eines Anderen nachhaltig positiv zu beeinflussen.
ABER: Hypnose bietet auch einen Rahmen, innerhalb dessen man mit gut gemeinten, aber irrtümlich falsch formulierten Suggestionen das Befinden eines anderen Menschen ziemlich in die Grütze fahren kann. Um souverän mit der Hypnose umgehen zu können, sollte man sich als angehender Hypnotiseur erst mit dieser ungewohnten Situation vertraut machen, dass sich dort jemand einem nahezu vorbehaltlos anvertraut und unseren Worten folgt.

Eine 'Leerhypnose’, die also nur eine angenehme Entspannung ohne jegliche dauerhafte Verhaltensveränderung zum Ziel hat, bietet dafür einen guten und angemessenen Rahmen. Und ich verspreche jedem, der diese für "kalten Kaffee" halten mag: so eine Hypnose ist (für den Anfang) mehr als spannend und beeindruckend!


2. Keine "sehr guten Bekannten" hypnotisieren!

Hypnose hat natürlich auch was mit gegenseitigem Vertrauen zu tun und so wäre es naheliegend, es anfangs mal mit einem Familienmitglied oder guten Freund zu probieren. Das kann klappen, ist aber oft keine gute Idee - warum? Nun, viele Laien meinen, dass das Hypnotisieren etwas mit speziellen, vielleicht gar magischen Talenten oder Kräften zu tun habe. (Wer sich etwas mit der Materie beschäftigt hat, weiß, dass das nicht stimmt und dass praktisch jeder normale Mensch hypnotisieren kann.)

Enge Bekannte wissen aber, dass wir keine magischen Kräfte haben, und so könnten sie von vornherein "wissen", dass das Unternehmen zum Scheitern verurteilt ist und blocken. Besser ist es daher, es mit jemandem zu probieren, dem wir nicht allzu vertraut sind und der also unsicher ist, ob wir da nicht tatsächlich vielleicht diese "besondere Gabe" haben, jemanden hypnotisieren zu können. Darüber sollte man nicht schmunzeln, denn solche Überlegungen spielen sich im Unterbewussten des Probanden (des zu Hypnotisierenden) ab.


3. Störungen vermeiden!

Ein geübter Hypnotiseur wird sich durch (fast) nichts mehr aus der Ruhe bringen lassen, aber einen Anfänger können Störungen schon irritieren und unnötig verunsichern. Bei einer meiner ersten "richtigen" Hypnosen betrat plötzlich jemand das Zimmer und meinte zum Hypnotisierten: "Ach, Sie sind ja ganz müde! Ich stell' Ihnen das hier nur mal schnell hin und dann geh ich wieder", was dann auch Gott-sei-Dank geschah. Wie sich später herausstellte, hatte der Hypnotisierte dies gar nicht mitbekommen, aber mein blödes, verunsichertes Gesicht hätte ich seinerzeit lieber nicht sehen wollen... Sowas kann man sich mit etwas vorbereitender Umsicht vielleicht ersparen.

In dem Zusammenhang der Hinweis auf Handys: die sollte man während einer Hypnose natürlich ausschalten! Zum einen, um nicht gestört zu werden, zum anderen wird insbesondere bei "Powerusern" schon durch das ungewohnte Abschalten ihres Handys ein besonderer "andersartiger" Bewusstseinszustand begünstigt. Personen, die aus bestimmten (z.B. beruflichen) Gründen ihr Handy nicht ausschalten wollen/können, sind dagegen nicht die beste Wahl für eine der ersten Hypnosen.


4. Nicht sofort hypnotisieren, sondern Termin setzen!

"Wie - du kannst hypnotisieren? Cool, mach mal!" Das kann ein netter Einstieg zur ersten erfolgreichen Hypnose sein. Sicherer ist aber, so was nicht sofort zu tun, sondern dafür einen Termin zu setzen. Am besten am nächsten Tag oder noch später, zumindest aber erst in ein paar Minuten - warum? Damit sich der zu Hypnotisierende (nicht der Hypnotiseur!) innerlich auf die Trance vorbereiten ("konditionieren") kann. Das steigert die Erfolgschancen.


5. Jedes "Tauziehen" vermeiden!

Ein noch ungeübter Hypnotiseur auf der einen Seite, ein "Skeptiker", der sich die Hände reibt und sagt: "Das schaffst du sowieso nicht, mich zu hypnotisieren!" auf der anderen Seite - das ist eine denkbar schlechte Konstellation für den ersten Versuch. Besser ist es, sich jemanden auszusuchen, der ernsthaft neugierig und interessiert ist und den Zustand einer hypnotischen Trance wirklich mal kennen lernen möchte.


6. Nicht den Hypnotiseur "testen", sondern den Probanden!

Bei einer ersten Hypnose wird sich ein angehender Hypnotiseur naturgemäß einer Art "Prüfungssituation" gegenübersehen: Schaffe ich es? Hab ich mich ausreichend informiert? Blamier ich mich, wenn es nicht klappen sollte?

Es ist daher sinnvoll, diese Situation in der Bewertung "umzudrehen": Schafft mein Proband es, in Trance zu gehen? Kann er sich ausreichend entspannen? Dies nimmt dem Hypnotiseur den Druck und motiviert den Probanden seinerseits, am Erfolg des Unterfangens mitzuarbeiten.
Im Vorgespräch könnte man daher erwähnen: "Das weiß ich doch nicht, ob DU in Trance gehen kannst. Vielleicht kannst DU dich ja gar nicht ausreichend entspannen? Ein bisschen Kreativität und Flexibilität von DEINER Seite gehören schon dazu!"
Und all das entspricht auch der Wahrheit!


7. Locker bleiben!

Wo steht, dass Hypnotisieren eine ernsthafte und staubige Sache sein muss? Nirgends! Und daher kann man auch gerne im Vorfeld und sogar bei der Tranceeinleitung rumalbern, wenn es sich so ergibt. Auch sollte man bedenken, dass Kichern und Lachen Instrumente sind, mit denen mitunter Leute ihrer Unsicherheit Ausdruck verleihen. Schon Freud war vor über 100 Jahren das Phänomen bekannt, dass in Verbindung mit dem Hypnotisieren manche Leute zu lachen anfangen. Das steht einer Trance nicht im Wege!


8. Die Sprache anpassen!

In der Hypnoseliteratur wird meist eine etwas blumige Sprache benutzt, die sich eher am Geschmack älterer Semester orientiert. Zwar zeigt die Erfahrung, dass auch jüngere Leute einer schwülstigen Sprache wie "Du kannst nun in eine wunderschöne Trance sinken und dein Körper kann sich ganz wunderbar entspannen...", meist durchaus zugänglich sind, aber natürlich muss man nicht so reden. Wenn es besser passt, kann man auch die gleichen Erfolge erzielen mit: "Und dein alter Körper kann nun mal total den Schlaffen geben, während deine Birne jetzt mal krass abhängt und auf lau macht!" Warum nicht?


9. Keine Experimente!

Nehmen wir mal an, es hat tatsächlich geklappt; eine Trance hat sich eingestellt. Die Versuchsperson sitzt vielleicht zusammengesunken vor uns, die Augen sind ggf. geschlossen und sie atmet mit leicht schief gelegtem Kopf ganz langsam und tief. Sie ist offensichtlich in Trance.

Nun kann eine Versuchung entstehen, über dieses Phänomen hinaus noch einige "Spielchen" auszuprobieren - vielleicht eine Armlevitation (automatisches Heben eines Armes), eines Gespräches in Trance, dabei eine Zahl vergessen lassen, bis hin zu positiven oder negativen Halluzinationen usw.

Ich rate beim ersten Mal davon ab, denn es ist ein Unterschied, jemanden zuverlässig in Trance führen zu können oder solche und andere Phänomene "richtig" anzuschieben - mal ganz abgesehen davon, dass nicht jeder Mensch in jeder Trancestufe solche Fähigkeiten hat. Dann hat man vielleicht "alles richtig gemacht" und holt sich dennoch einen Frust, weil diese Gimmicks eben nicht geklappt haben.

Besser ist es, beim ersten Mal "nur" die Trance selbst zu erzielen, verbunden vielleicht mit Anleitungen, dass sich der Proband an einem sicheren Ort wohlfühlen kann, um ihn dann nach ein paar Minuten wieder aus der Trance zu geleiten. Denn für den Anfänger sollten ganz andere Dinge im Vordergrund stehen, nämlich Erfahrung zu sammeln z.B. in folgenden Punkten:

- wie unterschiedlich reagieren Menschen auf verschiedene Suggestionen?
- welche "Zeiträume" spielen eigentlich eine Rolle? (wie lange dauert es, bis Leute in Trance und wieder raus gelangen? Sowas steht in kaum einem Buch, das lehrt nur die Praxis!)
- wie erkennt man bei unterschiedlichen Leuten deren Trance? usw.


10. Für die "Rückkehr" dem Probanden Zeit lassen!

Vor der Ausleitung sollten natürlich alle trancebezogenen Suggestionen wieder neutralisiert bzw. rückgängig gemacht werden, das Wissen darüber setze ich hier jedoch voraus und erwähne es nur der Vollständigkeit halber. Bei der eigentlichen Ausleitung aber sollte man dem Probanden eine gewisse Zeit lassen, um wieder "zurückzukehren". Wer z.B. eine "Zählausleitung" verwendet etwa in der Art: "...und bei '3' bist du wieder ganz im Hier und Jetzt und öffnest deine Augen", wird bei '3' vielleicht sein blaues Wunder erleben, weil da nämlich ggf. zunächst gar nichts passiert.

Nicht wenige Leute nehmen sich etwas mehr Zeit bei der Rückkehr, das kann dann auch schon mal 10 Sek. (oder deutlich länger) dauern. Und 10 Sek. können für einen Anfängerhypnotiseur, der währenddessen zu befürchten beginnt, dass derjenige nicht zurückkehrt, verdammt lang werden!

Besser ist es zu formulieren: "...und bei '3' kannst du in der für dich richtigen Geschwindigkeit wieder ganz ins Hier und Jetzt zurückkehren und auch deine Augen wieder öffnen!" Der Unterschied ist, dass damit erst die "endgültige Rückkehrprozedur" bei 3 beginnen soll. Die kann dann 1 Sek. dauern oder eben auch länger. Und dementsprechend kann man bei so einer Suggestion dann auch noch selbst ganz ruhig diverse Sekunden abwarten und einfach mal beobachten, was dann passiert.

Wenn es auch dann nicht klappt, sind bestimmte Maßnahmen erforderlich, deren Kenntnis ich hier aber auch voraussetze. Falls die nicht gegeben sein sollte, dann bitte, bitte (noch) nicht mit einer Hypnose beginnen!


11. Ein Nachgespräch führen!

Das A und O einer Hypnose ist es natürlich, sie so zu gestalten, dass sie dem Probanden gefällt und auf ihn bestmöglich abgestimmt ist. Um herauszufinden, wie das eigene Handeln beim anderen ankam, sollte man diesen dazu befragen und sich ein Feedback holen. Dabei braucht man nicht fragen: "Was hab ich richtig gemacht und was falsch?", sondern kann auch fragen: "Was hat dir besonders gut gefallen, was weniger?"

Gerade als Anfänger wird man auf diesem Wege wertvolle Erfahrungen auch noch nach der eigentlichen Hypnose sammeln können - Erfahrungen, die dem nächsten Probanden, dem eigenen Erfahrungsschatz und damit der eigenen Souveränität dienlich sein können.


12. Erfahrungen wertschätzen!

Wenn es beim ersten Mal gleich geklappt hat, dann ist das schön und man hat sicher dabei eine Menge gelernt.
Wenn es beim ersten Mal aber nicht geklappt hat, sollte man nicht verzagen, denn auch dann hat man eine Menge gelernt. Man ist dann nur auf Probleme gestoßen, die der andere, bei dem es gleich klappte, noch vor sich hat.

Es gibt in anderen Bereichen den Begriff des "worst case management" - was wäre im schlimmsten denkbaren Fall? Nun, dann würde man also jemandem Suggestionen anbieten, die diesen in eine angenehme Trance bringen können, aber die wollte sich offenbar nicht einstellen. Und? Ist das ein Problem? Nein! Denn letztendlich ist es immer der Proband, der für sich entscheidet, ob er in eine Trance gehen möchte oder nicht, egal wie erfahren der beteiligte Hypnotiseur ist.

Wer mit dieser inneren Einstellung an "sein erstes Mal" herangeht, kann nur lernen und gewinnen, egal, wie es ausgeht. Und das Komische ist: so eine innere Gelassenheit spürt auch der Proband. Und das erhöht wieder die Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich eine Trance eintritt...  :)

Wer weitere Tipps fürs "erste Mal" auf Lager hat, darf sie hier gerne loswerden!

Lieben Gruß
Lutz

Offline Oliver

  • Beiträge: 1
Re: Hypnose-Tipps für Anfänger - "das erste Mal"
« Antwort #1 am: 19. Jan 2016, 15:48 Uhr »
Ich vermisse den Foren-typischen "Danke"-Button. Also dann so als Feedback (darf auch gelöscht werden :) einfach: eine sehr sehr gute und viele Aspekte berücksichtigende und gut verständliche Zusammenfassung -> Danke!

Offline Lutz

  • Admin
  • Beiträge: 3.017
  • Geschlecht: Männlich
Re: Hypnose-Tipps für Anfänger - "das erste Mal"
« Antwort #2 am: 20. Jan 2016, 00:55 Uhr »
Hallo Oliver,

grüß dich im Forum!
Freut mich zu lesen, dass du mit dem Text was anfangen kannst, danke für deinen Kommentar!

Lieben Gruß
Lutz

 

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