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Autor Thema: Wieder mal: Hypnose beim "Supertalent"  (Gelesen 6864 mal)

Offline Lutz

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Wieder mal: Hypnose beim "Supertalent"
« am: 11. Okt 2015, 12:32 Uhr »
Da lungert man bräsig am Samstag-Abend auf der Couch und zappt sich auf der Flucht vor Werbung nichtsahnend durch Fernsehprogramm und stößt dann plötzlich auf gleich zwei Hypnotiseure bei der RTL-Show "Das Supertalent". Und flugs wurde mir klar, womit ich mich in den nächsten Wochen wieder mal und immer wieder in meiner Praxis würde befassen müssen... na klasse.

Was war? Zunächst betrat ein junger Mann freundlich und fast schüchtern die Bühne und stellte sich als Tanzlehrer vor, der nun aber mal was ganz anderes demonstrieren wollte, nämlich Hypnose. Wer sich ein bisschen mit dem Thema (Show-) Hypnose auskennt, wusste bereits an der Stelle, dass das Unterfangen danach mehr oder weniger zum Scheitern verurteilt war. Er selbst wusste es offenbar nicht...

Aber dieses Vorgeplänkel gab Dieter Bohlen Gelegenheit, lautstark zu äußern, dass er Hypnose sowieso für Quatsch hielt und prompt stellte er sich "provozierend" als Kandidat zur Verfügung. Der Hypnotiseur tat das einzig Richtige und wies ihn zurück, denn in einem "Tauziehen" mit einer ablehnenden Versuchsperson kann man als Hypnotiseur nur unterliegen. Stattdessen musste Bruce Darnell ran, der nun als unbefangene Messlatte für die Künste des Hypnotiseurs dienen sollte - und nichts passierte. Seit wann können denn auch Tanzlehrer hypnotisieren? Kann doch gar nicht klappen, oder?

Dramaturgisch geschickt hintereinander geschnitten, betrat nun ein weiterer Hypnotiseur die Bühne, dessen Auftreten ein ganz anderes war. Dieser brachte gleich mal eine "private" Versuchsperson mit, deren Aufgabe darin bestand, auf "Schnipp" die Augen zu schließen und auf einem Stuhl zusammenzusinken und die dem auch - wen wunderts - artig nachkam.

Wieder wurde Bruce Darnell zum Versuchskanninchen verdonnert und gemeinsam mit zwei Gästen aus dem Publikum ergossen sich nun in Maschinengewehr-Manier die von manchen Showhypnotiseuren bekannten stereotypen 0815-Suggestionen über die Freiwilligen - diesmal mit Erfolg. Sie plumpsten gehorsam um und Bruce Darnell konnte tatsächlich seinen Namen nicht mehr sagen, worüber sich der Showhypnotiseur offenbar selbst diebisch freute, wie sein anschließendes Statement abseits der Bühne erkennen ließ.

Damit hatte das Ganze dann auch schon sein Ende. Oder? Nein, hatte es nicht. Das zu erkennen, damit war aber der werte Showhypnotiseur offenbar völlig überfordert - oder es war ihm egal, denn Bruce hatte ja seinen Namen nicht mehr sagen können, hurra! Tatsächlich aber stand dieser immernoch völlig neben sich und und war - was selbst Bohlen bemerkte - auch nach der viel zu kurzen und unvollständigen Ausleitung nach wie vor "out of order". Den über seine Leistung sichtlich glücklichen Showhypnotiseur interessierte das aber nicht! Fachlich (und menschlich) wirklich eine tolle Leistung...

Und weil Bruce Darnell (noch) nicht wirklich normal ansprechbar war, übertrug Bohlen dessen Jurystimme kurzerhand auf das Publikum, das nun mehrheitlich entscheiden sollte, ob das Vorgehen des Hypnotiseurs Zeugnis eines "Supertalents" sei. Was dann geschah, fand ich interessant. Nach der Pleite des ersten Hypnotiseurs hatte dieser zweite doch nun eindrucksvoll demonstriert, dass er Bruce "drangekriegt" hatte; also hätte ich erwartet, dass man ihm seitens des Publikums die Anerkennung in Form einer mehrheitlichen Stimme zum Weiterkommen gewähren würde. Aber genau das war nicht der Fall. Dem Publikum hatte mehrheitlich nicht gefallen, was es dort gesehen hat. Darüber kann man mal nachdenken...

Aber mit den Ja-Stimmen der anderen beiden Jurymitglieder kam der Hypnotiseur dann doch weiter. Und ich ahne schon, was man bei seinem nächsten Auftreten bewundern darf. Dann wird Bruce vielleicht in eine Zitrone beißen - Mensch, das wäre ja der Über-Hammer, oder?  :auweia:

Ich hoffe nur für die zukünftigen Versuchspersonen, dass den Hypnotiseur bis dahin mal jemand beiseite nimmt und ihm mal was über eine sachgerechte Hypnose-Ausleitung erzählt und ihn daran erinnert, was er da mit Menschen anstellt. Aber im Bereich von Show-Hypnose verhallen Hoffnungen gerne auch mal ungehört...

Hypnose-Aktive werden sich jedenfalls mit den Geschehnissen auseinanderzusetzen haben, werden sich Fragen ausgesetzt sehen oder sollten vielleicht mal nachhaken, ob ihre Probanden/Klienten die Sendung gesehen haben, was - mal wieder - Vorurteile über die Hypnose generell genährt haben könnte. Das war beim letzten Supertalent-Hypnose-Happening im Jahr 2010 auch schon der Fall.

Heute um 15:25 Uhr wird die Sendung wiederholt und irgendwo bei RTL oder sonstwo im Web wird man sich das Ganze vielleicht auch ansehen können, um sich dann eine eigene Meinung zu bilden, gewappnet zu sein und das Geschehen für seine Zwecke womöglich auch zu nutzen.

Einen Unterhaltungswert hatte die Show sicherlich, von daher Lob an RTL, alles richtig gemacht! Der "Preis", den beratende und therapeutische Hypnotiseure dafür womöglich zahlen müssen, muss RTL nicht interessieren.

Ach ja - und wenn es rund um die Show-Hypnose ein "Supertalent" gibt, dann haben dies die Versuchspersonen, nicht die Hypnotiseure. ;)

Lieben Gruß
Lutz

Offline JD

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Re: Wieder mal: Hypnose beim "Supertalent"
« Antwort #1 am: 11. Okt 2015, 14:09 Uhr »
Hallo Lutz,
zuerst einmal muss ich sagen, dass ich hier voreingenommen bin.
Ich kenne den ersten Hypnotiseur (Herr Kampffmeyer) persönlich.
Deshalb ist es durchaus möglich, dass ich es zu sehr für ihn bewerte.

Ich habe sein Auftreten nicht als "schüchtern" betrachtet wie du es dargestellt hast. Es war nur ein sehr ruhiges Auftreten, welches auch durch sein "langsames" Reden vielleicht Vertrauen erwecken sollte. Er wurde halt nur wie du richtig angemerkt hast unterbrochen.

Das er Bruce dann direkt als Probanden benutzt hat empfand ich als Fehler, da er so nur eine Person hat und keine Auswahl falls Bruce sich nicht darauf einlässt (was ja auch am Ende passierte).

Der Zweite (André glaube ich, kenne ihn nicht persönlich),
hat ein effektiveres Auftreten gehabt und schon gleich die Suggestion gegeben was Hypnose ist (durch seine Versuchsperson). Auch zeigte er damit, dass Hypnose einfach und schnell möglich ist.

Beim Plumpsen hat er die Probanden etwas mit der Hand gezogen. Ein Trick in der Showhypnose um sie auch dann zum fallen zu bringen, wenn die Hypnose nicht ganz klappt (sonst würde es ein negativ Beispiel für die anderen sein).

Irritiert hatte mich dann, dass er direkt positive Halluzinationen versucht hat und nicht erst eine Arm-Katalepsie oder ähnliches, was ja auch ein guter Effekt gewesen wäre. Hierzu habe ich später auch noch eine Frage.

Die Amnesie mit Bruce war interessant, da er ihm nur wenig Zeit gelassen hat zu antworten. Normalerweise hätte er bei einer angenommenen Suggestion eigentlich keine enge Zeitbegrenzung gehabt.

Das mit der fehlenden "richtigen" Ausleitung ist natürlich sträflich. Das Publikum hat wahrscheinlich so entschieden, da 2 positive Halluzinationen nicht funktioniert haben und die Probantin nach der Ausleitung meinte sie hätte keinen Zug gespürt.

Meine Frage:
Wenn man eine positive Halluzination induziert und diese funktioniert. Aber nicht suggeriert wurde, dass man nicht wissen soll, dass es sich um eine Halluzination handelt. Weiß man es dann oder nicht?
Die private Probandin schien ja verwundert zu sein, dass dort ein Wagen stehe. Für mich schien dies gespielt. Wie auch immer...

Ich glaube, dass man Showhypnose auch so gestalten kann, dass es den Hypnose Therapeuten nicht schadet. Zum beispiel durch die Suggestion der Glücksballons. Man muss halt nur ein paar moralische Grenzen festlegen. Zudem kann man die Probanden vorher aufwecken und nachfragen.
Ich denke, alle die in so eine Praxis gehen werden sich dafür interessieren und lassen es sich auch erklären.
Und von denen die es nicht machen wird nur ein sehr kleiner Anteil es nicht aufgrund der Show Hypnose machen.
Aber da kennen sich die in dem Bereich arbeiten besser aus als ich.

mfg.: JD

Offline Lutz

  • Admin
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Re: Wieder mal: Hypnose beim "Supertalent"
« Antwort #2 am: 11. Okt 2015, 18:33 Uhr »
Hallo JD,

meine Bewertung "fast schüchtern" in Bezug auf den ersten Hypnotiseur resultiert nicht nur aus dessen Sprechweise, sondern vom Gesamteindruck inklusive Bewegung, Körperhaltung usw. Aber so ein Eindruck ist natürlich subjektiv und soll auch nichts "gegen" ihn sagen, ich meinte das wertfrei. Und um mal deutlich was für ihn zu sagen: Sein abschließender Appell, (sinngemäß) dem folgenden Hypnotiseur trotz allem unvoreingenommen eine Chance zu geben, war ja hochfair - und hat vielleicht sogar zu dessen Erfolg beigetragen.

Zitat
Meine Frage:
Wenn man eine positive Halluzination induziert und diese funktioniert. Aber nicht suggeriert wurde, dass man nicht wissen soll, dass es sich um eine Halluzination handelt. Weiß man es dann oder nicht?

Meinst du während des Vorgangs/der Hypnose?
Wenn ich deine Frage richtig verstanden habe, ist die nicht so einfach zu beantworten. Es gibt in Verbindung mit suggerierten negativen Halluzinationen ("Der Tisch in diesem Raum ist nun verschwunden!") das Phänomen, dass ein Proband trotz erfolgreicher Suggestion beim anschließenden Gehen durch den Raum "um den Tisch herumgeht", ggf. unter einem behaupteten Vorwand. Auf unbewusster Ebene "weiß" er also genau, dass da immernoch der Tisch steht. Es gibt zahlreiche Versuche, die dieses "unbewusste Wissen" belegen.
Aber befragt man die Person hinterher, wird sie typischerweise angeben, den Tisch tatsächlich nicht gesehen zu haben.
Dieses Prinzip gilt auch für positive und "modifizierende" Suggestionen ("Das Buch ist jetzt eine Kamera!").
Bei einer Antwort auf deine Frage müsste man also unterscheiden zwischen bewusstem und unbewusstem Wissen.

Zitat
Ich denke, alle die in so eine Praxis gehen werden sich dafür interessieren und lassen es sich auch erklären.

Wenn das so einfach wäre, wäre ja alles halb so wild...
Ich hatte mal einen Klienten, der zuvor bei einem öffentlichen Vortrag von mir zum Thema Hypnose gewesen war. Dort hatte ich wirklich mehr als deutlich gemacht, dass man bei einer Hypnose eben nicht "weg" sein müsse und hatte dies auch mit einer Live-Demonstration inklusive anschließender Befragung des Probanden durch das Publikum zu untermauern versucht. Und was sagt dieser Mensch nach seiner Hypnose in meiner Praxis? "Ich war aber gar nicht weg."

Dort, wo Erklärungen auf Überzeugungen treffen, haben Erklärungen keine Chance. Das ist ja das Dilemma nach solchen Shows: Man kann sich hinterher den Mund fusselig reden, aber wenn doch jemand "weiß", wie das mit der Hypnose sein müsse - schließlich hat er es ja schon gesehen - dann nützt das alles nix. Das ist dann doof - nicht für Hypnotiseure, sondern für die Klienten.

Aber wir müssen diese bekannte Grundsatzdiskussion hier nicht wieder aufflammen lassen, dazu wird und soll ja jeder seine eigene Meinung und vielleicht auch Erfahrungen haben. :)

Lieben Gruß
Lutz

Offline JD

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Re: Wieder mal: Hypnose beim "Supertalent"
« Antwort #3 am: 11. Okt 2015, 22:16 Uhr »
Hallo,
Zitat
meine Bewertung "fast schüchtern" in Bezug auf den ersten Hypnotiseur resultiert nicht nur aus dessen Sprechweise, sondern vom Gesamteindruck inklusive Bewegung, Körperhaltung usw.
Wahrscheinlich erkennst du das besser als ich. Und ich wollte auch nicht behaupten du würdest etwas "gegen" ihn sagen, da es ja keinen Vorteil brächte und es andernfalls auch nicht hierhin gehöre (nehme ich an).

Zitat
Bei einer Antwort auf deine Frage müsste man also unterscheiden zwischen bewusstem und unbewusstem Wissen.
Dann werde ich das mal versuchen...
Suggestion: "Hier steht nun ein Porsche" (Porsche ist eine positive Halluzination).
Der Proband nimmt sie an. Bewusstsein "sieht" eine Porsche. Das Unbewusste "weiß", dass es nur eine Halluzination ist.
Wäre der Proband(das Bewusstsein) dann verwundert, dass dort ein Porsche steht.
Anders Formuliert. Weiß das Bewusstsein, dass es sich um eine positive Halluzination handelt, wenn nicht suggeriert wurde das es dies vergessen soll?

Danke für die Antworten

mfg.: Natan

Offline Lutz

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Re: Wieder mal: Hypnose beim "Supertalent"
« Antwort #4 am: 12. Okt 2015, 00:25 Uhr »
Hallo Natan,

Zitat
Wahrscheinlich erkennst du das besser als ich.
Das denke ich eher nicht. Es ist ja nur ein subjektiver Eindruck, der Eine wird das so empfinden, der Andere vielleicht wieder anders.

Zitat
Wäre der Proband(das Bewusstsein) dann verwundert, dass dort ein Porsche steht.
Das hängt wohl von den Gesamtumständen ab. Ein Porsche am Straßenrand wäre wohl erstmal nichts besonderes und würde wohl nicht zu einer Verwunderung führen, ein Porsche im Wohnzimmer schon. Anders wäre es wieder, wenn dort am Straßenrand eben noch ein VW Käfer gestanden hatte und nun plötzlich ein Porsche da steht. Das würde dann wieder verwundern. Das wäre wie im normalen "wachen" Zustand auch.

Zitat
Weiß das Bewusstsein, dass es sich um eine positive Halluzination handelt, wenn nicht suggeriert wurde das es dies vergessen soll?
Auch ohne Suggerierens von Vergessen in bezug auf eine gegebene Suggestion wird ein Proband - eine "echte" und nicht nur gespielte Hypnose vorausgesetzt - das Suggerierte als Realität wahrnehmen, ohne zu realisieren, dass es doch nur Folge einer Suggestion ist. Dafür braucht man nicht erst ein Vergessen der Suggestion suggerieren.

Lieben Gruß
Lutz

Offline JD

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Re: Wieder mal: Hypnose beim "Supertalent"
« Antwort #5 am: 12. Okt 2015, 13:32 Uhr »
Hallo Lutz,
danke für deine Antworten.
Ich bin immer davon ausgegangen, dass es einen nicht überrascht. Ich meine, wenn ich eine "Hypno-Gun" suggeriere (also eine Pistole, welche wenn ich sie abfeuere den Probanden wieder in Hypnose versetzt), dann reagiert er ja nicht "oh du hast eine Hypno-Gun in deiner Hand!!!" weil er ja weiß das sie da sein wird.

Habe es aber noch nicht mit einem Porsche oder ähnliches ausprobiert.

mfg.: Natan

 

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