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Autor Thema: Wie genau setzt man einen Anker in Hypnose?  (Gelesen 28938 mal)

Offline Claudia

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Wie genau setzt man einen Anker in Hypnose?
« am: 15. Sep 2009, 19:27 Uhr »
Hallo zusammen,

als NLP-Pracitioner habe ich schon gelernt, wie und vor allen Dingen, wann man bei jemanden einen Fremdanker setzt. Nicht ganz klar ist mir, wie es konkret funktioniert, jemanden der in Trance ist einen Anker zu setzen.

Ein Beispiel hierfür wäre: jemand hat fürcherlich Panik vor einer Gruppe (egal wie viele es sind) von Menschen zu reden, muß aber irgendwelche Ergebnisse von Projektarbeiten präsentieren oder auch nur Vorstellungsrunden bei Seminaren reichen aus, um eine rote Gesichtsfarbe hervor zu zaubern, den Schweiß auf die Stirn zu treiben oder ..... Hier gibt es vielfältige Nervositätsanzeichen, die nicht mehr auftreten sollen. Gewünscht ist eine absolute Gelassenheit und Souveränität; auch bei Störungen, wie permanente Unterbrechungen durch Rückfragen.

Wenn ich nun einen Hypnosetext anwende, der Ruhe und Gelassenheit in Präsentationssituationen  suggeriert, wie kann ich dann zusätzlich einen Anker setzen, den die betreffende Person dann selbst abrufen kann, wenn wieder eine Präsentation oder Ansprache ansteht, um in einen vollkommen ressourcenreichen Zustand zu kommen?

Würde mich über hilfreiche "Anfängertipps" sehr freuen.  :D

Schöne Grüße
Claudia
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Offline Tom

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Re: Wie genau setzt man einen Anker in Hypnose?
« Antwort #1 am: 16. Sep 2009, 10:42 Uhr »
Hallo Claudia,

du könntest in deine Tranceeinleitung und auch immer wieder wärend deines Trancetextes ein bestimmtes Symbol, Wort, o.ä. einstreues; du kannst auch vorher mit deinem Klienten/In ein bestimmtes Wort oder Bild absprechen, welches genutzt werden soll.

Toll finde ich persönlich, wenn man demder Klienten/In wärend der Trance anbietet, ein eigenes SymbolWortBild zu finden, und diesen im Anschluss befragen, welches er sich gewählt hat.

Du kannst auch NLPklassisch arbeiten und einen kinästhetischen Anker verwenden; vorher die Erlaubnis auf eine Berührung einholen und passend zum Trance text immer mal wieder an einer bestimmten Stelle berührend, wärend die entspr. Vorstellungen benannt werden.

LG,
Tom

Offline Claudia

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Re: Wie genau setzt man einen Anker in Hypnose?
« Antwort #2 am: 16. Sep 2009, 16:32 Uhr »
Hallo Tom,

vielen Dank für Deine ausführliche Hilfestellung.  :D

Du hast Recht, ich denke, ich hatte einen kinästetischen Anker vor Augen. Meine Vorstellung wäre in der Art, daß sich der Klient vor oder während seiner Präsentation oder auch mal Prüfung - wie auch immer - beispielsweise an sein linkes Handgelenk fast und so einen gesetzten Anker auslöst.

Wenn ich es richtig verstanden haben, sollte der Impuls während der Trance häufiger gegeben werden und nicht nur dann, wenn die Situation am intensivsten Gespürt wird?

Wie wäre es aber, angenommen, man würde doch ein Wort, Symbol oder Bild nehmen: Müßte sich der Klient das Wort dann in der Situation selbst sagen oder das Symbol versuchen in Erinnerung zu rufen? Oder wäre es in der Form, daß ihm jemand das Wort vorher noch einmal sagt oder beispielsweise per SMS per Handy überträgt?

Viele Grüße
Claudia
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Offline Lutz

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Re: Wie genau setzt man einen Anker in Hypnose?
« Antwort #3 am: 16. Sep 2009, 23:45 Uhr »
Hallo Claudia und Tom,

ich für meinen Teil habe zum Ankern ein eher etwas gespaltenes Verhältnis. Wenn es um einen Bereich geht, der in psychischer Hinsicht "unbelastet" ist, habe ich auch gegen Anker nichts einzuwenden, z.B. beim Sport. Sofern es da keine übergeordneten Hinderungsgründe gibt, kann das Ankern ein einfaches und wirksames Verfahren sein, um sich in einen ressourcenreichen Zustand zu bringen.
Eine ambitionierte Sportlerin hat sich mal vor vielen Monaten einen Anker bei mir abgeholt, der sie wieder in den sportlichen "Flow" bringen und ihr helfen sollte, ihr tatsächliches Leistungsvermögen besser und ganz automatisch abrufen zu können. Vor ein paar Wochen wurde sie Hamburger Meisterin. (Ob und inwieweit der Anker daran beteiligt war, weiß ich natürlich nicht, sie setzt ihn aber nach eigenen Angaben kontinuierlich ein.)

Anders sehe ich das aber im therapeutischen Bereich. Denn jedes ungewollte Erröten, jede Sprechblockade, jede Phobie, Angst oder Panikattacke sind ja Folge und Zeichen - eines Ankers! Die jeweils unerwünschten Reaktionen sind da an den äußeren Reiz (die Situation) "geankert". Und dieser Anker ist meist einer, der sich über Jahre etabliert, verfestigt und "bewährt" hat.

Man würde dort also nicht einfach einen Anker setzen, sondern man würde "lediglich" einen "Gegenanker" setzen. Der muss deswegen nicht wirkungslos bleiben, aber zuviel würde ich davon nicht erwarten.

Egal - das ist ja hier nicht die Frage.  :)

Ankern - was ist das? Da muss erstmal was sein, was geankert werden kann. Wenn es also um "absolute Gelassenheit und Souveränität" geht (mir würden schon 'Normalität' oder 'Unauffälligkeit' reichen, aber das ist ein anderes Thema  :)), dann muss ein Klient irgendwann in irgendeinem Zusammenhang auch genau das empfunden und für sich kennen gelernt haben, sonst kann man es auch nicht ankern. Wenn also jemand passionierter Modelleisenbahner ist und mit Uniformmütze auf dem Kopf, Kelle in der Hand und Trillerpfeife im Mund sich im Keller seiner Wohnung an den Trafos und Weichenstellern dermaßen gelassen und souverän fühlt, dann würde sich genau diese Situation vielleicht zum Ankern anbieten.

Man könnte ihm nun mit auf den Weg geben, dass er doch bitte beim nächsten Vortrag mal die Augen schließen solle, um sich dann binnen einiger Sekunden (Minuten?) in diese Situation und damit in diesen Zustand zu versetzen. Ist aber relativ umständlich und wenig praktikabel. Also etabliert man den Anker, der gewissermaßen ein Symbol, eine Überschrift sein soll, unter dem/der all dies zusammengefasst und (auch unbewusst) ausgelöst wird.

Es geht also zunächst darum, eine "ankerbare" Situation zu finden - das ist im NLP genauso. Eine hypnotische Trance kann nun aber dazu genutzt werden, um den Klienten selbst(!) einen für ihn geeigneten Auslöser zu finden. Möchte er sich - wie im NLP gerne genutzt - tatsächlich einen Fingernagel in die Fingerkuppe pressen? Oder gibt es da etwas für ihn viel Passenderes?

Ich halte es mit Tom für sehr wichtig und förderlich, dass sich der Klient diesen Auslöser selbst aussucht. Und wenn er dies in Trance tut, wird er automatisch kritische Situationen durchspielen und anhand seiner Beurteilung den für ihn besten Auslösereiz ermitteln. Das können die verrücktesten Dinge werden. Vielleicht möchte er den nächsten Vortrag als Batman halten? Vielleicht möchte er seine Unterhose verkehrt herum anziehen? Vielleicht möchte er sich seine Trillerpfeife in die Tasche stecken, um bei jedem kleinsten Geräusch der Erbse darin an seine Fähigkeiten erinnert zu werden?

Es läuft also darauf hinaus, dass sich der Klient seinen Auslöser selbst sucht - und damit bereits auch "setzt". Sowas z.B. hielte ich für eine praktikable Möglichkeit des Ankerns in/mit Trance.

Lieben Gruß
Lutz

Offline Claudia

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Re: Wie genau setzt man einen Anker in Hypnose?
« Antwort #4 am: 17. Sep 2009, 17:57 Uhr »
Hallo Lutz,

vielen Dank! Deine Ausführungen waren sehr hilfreich und auch einleuchtend.  ;D

Ich würde den Klienten dann also per Hypnose in eine Situation führen, in der er alle benötigten Ressourcen zur Verfügung hat und ihm dann sagen: "Setze Dir bitte jetzt den für Dich richtigen Anker, den Du - wenn Du möchtest - jederzeit aktivieren kannst."

Wäre das so möglich?

Schöne Grüße
Claudia
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Offline Lutz

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Re: Wie genau setzt man einen Anker in Hypnose?
« Antwort #5 am: 18. Sep 2009, 01:14 Uhr »
Hallo Claudia,

ich denke schon, dass das so möglich wäre.
Wobei mir als äußerst permissivem Warmduscher persönlich das "wenn du möchtest" gut gefällt, das "Setze dir bitte jetzt den Anker..." aber schon wieder fast zu direkt wäre. Ich würde ungefähr sowas bevorzugen:

"Aha. Es gibt also Situationen in deinem Leben, in denen du souverän bist. Was könnte oder müsste denn passieren, damit du auch z.B. bei einem Vortrag souverän wärst?"
Das Weitere hinge natürlich von der Reaktion des Klienten ab, aber wenn ihm irgendwas als Möglichkeit einfiele, könnte man auf der Basis dieser Antwort weitermachen.

Bei all seinem Gegrübel über die etwaigen Anregungen, Fragen und Vorschläge des Hypnotiseurs ist es ja (auch ohne Trance) so, dass der Klient automatisch und ständig deren "Verwertbarkeit" zur Problemlösung (auch unbewusst) abwägt. Und wenn da was Positives für ihn dabei wäre, würde er dies schon aufgrund seiner Bedeutung an die Problemsituation "ankern" - auch ohne explizite Bitte/Aufforderung.

Dies wird vielleicht deutlicher am Beispiel der "Symptomverschreibung":
"Also irgendwie denke ich, dass du zukünftig schon 10 Minuten früher als bisher ne rote Panikbirne bekommen wirst. Ja genau - ich kann mir das verdammt gut vorstellen! Der Leichtturm springt schon an, wenn noch garnix los ist - saublöde Geschichte, das!"

Mögliche Folgen:
- Der Klient wird den Hypnotiseur hassen.
- Der Klient wird natürlich NICHT 10 Minuten vorher einen roten Kopf bekommen, denn sein bisheriger Anker ist anders gestrickt.
- Der Klient wird aber sehr wahrscheinlich anlässlich des nächsten Vortrags genau überprüfen, was geschieht - auch ohne "formales Ankern".

Man könnte auch sagen, ein Anker entsteht in diesem Fall schon durch "Relevanz" für den Klienten - und dessen "Motivation", dem Hypnotiseur zu zeigen, dass dieser Unrecht hat. Das funktioniert m.E. viel besser, als sich in die Fingerkuppe zu pieksen.  ;)

Lieben Gruß
Lutz

Offline mipooh

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Re: Wie genau setzt man einen Anker in Hypnose?
« Antwort #6 am: 18. Sep 2009, 07:28 Uhr »
Wieso denke ich an einen runtergeschmissenen Aschenbecher...?  8)
(für diejenigen die nicht dabei waren: Lutz gab mal jemandem, der sich selbst sein "unkonventionelles" Verhalten demonstrieren sollte/wollte/konnte/durfte, die Gelegenheit einen Aschenbecher vom Tisch zu wischen... so eine Sauerei... der hat es getan...
Sinn war bewusst werden zu lassen, dass dieser Mensch auch zu anderem, ihm selbst unkonventionellem Verhalten, fähig sein würde. Bezogen auf die Problematik, die ihn bewegte.)
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Offline Claudia

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Re: Wie genau setzt man einen Anker in Hypnose?
« Antwort #7 am: 18. Sep 2009, 13:32 Uhr »
@ Lutz

Dein Vorschläge würden voraussetzen, dass mit dem Klienten ein Dialog entsteht.  Soweit bin ich als Anfängerin leider noch nicht.  :-\ Bislang übe ich noch mit Texten, die ich vom Blatt ablesen muß.  :-[ Aber ich würde das mit dem Dialog gerne mal ausprobieren. Geschieht das während der Trance an sich oder während der Fraktionierung?  ???

Meine Vorstellung ging in die Richtung, in einem Vorgespräch - schön nach meinen gelernten NLP-Methoden  ;) - herauszufinden, woran der Klient merken würde, dass er sein Ziel erreicht hat, wie es dann genau für ihn wäre, wie er sich fühlen würde, ... usw. Das hätte ich dann versucht in die Hypnose einzubauen. D. h., ich hätte den Dialog so versucht vorweg zu nehmen.  :)

@ Mipooh

Auch Deine Antwort habe ich mir mehrfach durchgelesen. Leider ist mir nicht ganz klar, was Du mir damit sagen möchtest.  ??? Weil ich gern jede Anregung aufnehme, würde ich mich über eine nochmalige Erklärung für "Doofe"  ;) sehr freuen.  :D

Schöne Grüße
Claudia
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Offline mipooh

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Re: Wie genau setzt man einen Anker in Hypnose?
« Antwort #8 am: 18. Sep 2009, 19:55 Uhr »
Zitat von: Lutz
"Aha. Es gibt also Situationen in deinem Leben, in denen du souverän bist. Was könnte oder müsste denn passieren, damit du auch z.B. bei einem Vortrag souverän wärst?"
Das erinnerte mich an seine Vorgehensweise bei meinem Bruder den er ganz ähnlich "anging", etwa so:
Zitat von: Lutz fiktiv
"Aha. Es gibt also Situationen in deinem Leben, in denen du unkonventionell bist. Kannst Du so unkonventionell sein, jetzt diesen Aschenbecher einfach so vom Tisch zu fegen?"

Das war zwar noch direkter als im ersten Beispiel, zeigt aber seine Vorgehensweise, permissiv (bis hin zum dreckigen Fußboden, wenn´s sein muss) und provokativ (im eigentlichsten Sinne des Begriffs) um die tatsächlichen Ressourcen des Klienten aktiv werden zu lassen.

Sowas geht sicher nur spontan (um gleich auf Deinen letzten Beitrag einzugehen) und diese Spontaneität ist ziemlich sicher in Verbindung damit zu sehen, dass Lutz seine Konzepte ausreichend internalisiert hat (und somit kein Blatt mehr von dem er ablesen würde, was ihn aber eben auch einschränken würde).

Ich denke, es wäre sicher eine gute Idee, das Blatt vorher durchzulesen und im Gespräch dadurch mehr Raum zu gewinnen für die Empathie. Denn nur aus ihr gewinnst Du die subtileren Informationen, die Du im Grunde für eine erfolgreiche Arbeit benötigst.

Ich kenne Deine Arbeitssituation ja nicht, aber ich denke, manchmal ist es gut sich freizuschwimmen.
Der wichtigste Hinweis für mich ist der, dass spontan auffallende Ressourcen sofort genutzt werden können. Einen besseren Zeitpunkt kann es eigentlich gar nicht geben.
Du verlierst dadurch ja Dein Konzept nicht, sondern lernst live Variationen.
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Offline Lutz

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Re: Wie genau setzt man einen Anker in Hypnose?
« Antwort #9 am: 18. Sep 2009, 21:34 Uhr »
@ Claudia:

Zitat
Dein Vorschläge würden voraussetzen, dass mit dem Klienten ein Dialog entsteht.  Soweit bin ich als Anfängerin leider noch nicht.  :-\  Bislang übe ich noch mit Texten, die ich vom Blatt ablesen muß.  :-[  Aber ich würde das mit dem Dialog gerne mal ausprobieren. Geschieht das während der Trance an sich oder während der Fraktionierung?  ???

In Bezug auf insbesondere deinen letzten Satz: das Gespräch entsteht nicht während Trance oder Fraktionierung, sondern Trance und 'Fraktionierung' entstehen ganz von selbst während des Gesprächs (jedenfalls bei meiner bevorzugten Vorgehensweise). 'Formale' Tranceinduktionen führe ich in so einem Kontext gar nicht durch, das macht der Klient schon ganz alleine.

Bleiben wir mal beim NLP-Ankern: wenn ein Klient sich eine Situation vergegenwärtigen und imaginieren soll, in der es bei ihm bestens flutschte, also so einen "moment of excellence" (= NLP-Terminologie) - was muss er dann zwangsläufig mehr oder weniger tun, insbesondere dann, wenn er sich da mit allen Sinnen reinbegeben und auch noch genau den Punkt maximalen Ressourcenreichtums identifizieren soll? Er wird zwangsläufig in Trance gehen.

Noch ausgeprägter wird dies vielleicht beim 6-step-reframing sein, wenn es in noch größerem Maße darum geht, in sich hinein zu fühlen und auch noch innere Dialoge zu führen/zu erspüren. Ohne Trance ist sowas gar nicht sinnvoll möglich.

Und so eine Trance wird ja auch "äußerlich sichtbar" - je nach Ausprägung vielleicht durch langsameres/leiseres Sprechen, durch tieferes Atmen, Katalepsie, Zeitverzerrung usw. usf.
Wenn man sowas also durchführt, arbeitet man schon längst mit "sich in Trance unterhalten", ohne es bisher vielleicht so gesehen/wahrgenommen zu haben.

@ mipooh:

Zitat
Der wichtigste Hinweis für mich ist der, dass spontan auffallende Ressourcen sofort genutzt werden können. Einen besseren Zeitpunkt kann es eigentlich gar nicht geben.

Das kann ich nur unterstreichen - auch in dem Sinne, der sich vielleicht erst beim zweiten Lesen erschließt: die Ressourcen müssen einem nämlich erstmal auffallen.

Wenn es also, wie im Beispiel genannt, heißt:

Zitat
Ein Beispiel hierfür wäre: jemand hat fürcherlich Panik vor einer Gruppe (egal wie viele es sind) von Menschen zu reden...

könnte man denken: "Ups - das ist schlecht. Wirklich schlecht. Dunkelschlecht."
Oder man fragt sich: "Boah - wie schafft der Kerl das, dass er vor 50.000 Leuten nicht mehr Panik entwickelt als vor 5 Leuten? Das will ich auch können!"  :)
Ohne jetzt stundenlang darüber nachgedacht und nach etwaigen Ausnahmen gesucht zu haben, behaupte ich mal, dass in jedem "scheinbaren" Defizit auch immer mindestens eine Ressource versteckt ist.  ;)
(Und schon sind wir beim Reframing...)

Zitat
... und provokativ...

Das ist übrigens putzig - seit Monaten beschäftige ich mich tatsächlich mit der "Provokativen Therapie" von Frank Farelly und wende sie mit Vergnügen (und hoffentlich auch ein bisschen Erfolg?) an.  ;D

Lieben Gruß
Lutz

Offline mipooh

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Re: Wie genau setzt man einen Anker in Hypnose?
« Antwort #10 am: 19. Sep 2009, 04:45 Uhr »
Eigentlich war mein Einwurf oben ja mehr an Dich, Lutz, gerichtet und gewissermaßen auch etwas OT.
Ich habe dabei allerdings auch darauf gehofft, dass er trotzdem zum besseren Verständnis beitragen kann.

Was "provokativ" angeht, so bin ich der Ansicht, dass die Aufgabe des Hypnotisierenden sowieso lediglich bzw hauptsächlich darin besteht. Interessant fand ich beim Kurzgoogeln diesen Satz:
Zitat von: karstennoak.de/frankfarelly.htm
Während Außenstehende die "Provokationen" oft eher als unangemessen bewerten, erlebt der Betroffene diese als Angebot zur Veränderung und Erweiterung der eigenen Sichtweise.

Das habe ich sehr oft erlebt, und zwar in ganz gewöhnlicher Kommunikation mit "schwierigen" Mitmenschen, dass Aussenstehende nicht nachvollziehen/mitvollziehen konnten, wie ich verbal kommunizierte, während für die eigentlich beteiligten im Grunde "alles klar war".

Ebenso interessant für mich dieser Satz:
Zitat von: selbe webseite
Ist diese Einstellung vorhanden muss sie nicht ausgesprochen werden, sondern wird nonverbal ohnehin kommuniziert und vom Klienten empfunden.
der den Hinweis auf eine grundsätzliche therapeutische Bedingung gibt, die dort erwähnt wurde, nämlich
Zitat von: ebenso
die Überzeugung, dass die Klienten liebenswert, mündig und stark sind und über die Kraft verfügen, um neue und konstruktivere   Entscheidungen für ihr weiteres Leben zu treffen.

Um den Bogen zu schliessen, was wäre am Hypnotisierenden interessant, würde er nicht hervorrufen (=provozieren), was im Klienten bereits vorhanden ist? Der Anker müsste also gar nicht "gesetzt werden", sondern lediglich aufgespürt werden, wobei dem Klienten Gelegenheit gegeben wird, dies selbst getan zu haben.

Ich stelle mir gerade jemanden vor, der sich verzweifelnd mal ins linke Ohrläppchen zwickt, mal seine Armbanduhr einmal ums Handgelenk dreht, "ganz unauffällig" mal eben die Fingerkuppen seiner Mittelfinger sich berühren lässt... und dies alles um eine Souveränität zu produzieren, an die er gar nicht glaubt. Da schiene mir sinnvoller, das Erröten oder den Schweißausbruch selbst zum Anker werden zu lassen, bzw die ersten subjektiv feststellbaren Anzeichen zum Anlass zu nehmen, das eigentliche jetzt erwünschte Verhalten zu produzieren. (Solange das überhaupt nötig ist.)
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Offline Claudia

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Re: Wie genau setzt man einen Anker in Hypnose?
« Antwort #11 am: 19. Sep 2009, 10:26 Uhr »
Ups! Das war jetzt ganz schön viel auf einmal.  ;)

Aber mir ist schon klar geworden, worum es Euch geht.  :D Ich denke mir fehlt auf jeden Fall in beiden Bereichen NLP und Hypnose (da ich beruflich leider  ;) etwas ganz anderes mache), die Praxis. Es läuft alles noch viel zu unselbständig, siehe Ablesen vom Blatt usw. Veränderungsarbeit läuft eben nicht auf Knopfdruck und das ist sicher auch gut so.

Bislang war mir auch noch nicht so bewußt, dass man sich im Moment of Excellence oder im 6-Step-Refraiming bereits in (einer "tieferen" Art) Trance befindet, als nur einen Moment in sich hinein zu fühlen und zu hören. Die Technik habe ich gelernt, aber es fehlt leider wirklich an Übung.  :)

Ich bin Euch jedenfalls sehr dankbar, dass Ihr mir viele hilfreiche Denkanstöße gegeben habt.  :D

Sonnige Grüße
Claudia
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Offline Lutz

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Re: Wie genau setzt man einen Anker in Hypnose?
« Antwort #12 am: 20. Sep 2009, 20:08 Uhr »
@ Claudia:

Zitat
Ups! Das war jetzt ganz schön viel auf einmal.  ;)

Und dazu kommt, dass so ein Forum vielleicht nicht der geeignetste Ort ist, um solche Dinge überhaupt halbwegs nachvollziehbar zu transportieren...

Zitat
Ich denke mir fehlt auf jeden Fall [...] die Praxis.

Was ich nur empfehlen kann, ist sich persönlich auszutauschen, anderen bei deren Vorgehen zuzusehen usw. - das erweitert m.E. den eigenen Horizont ungemein und hilft auch, eigene 'Glaubenssätze' und etwaige Beschränkungen zu korrigieren und an tatsächliche Möglichkeiten anzupassen.


@ mipooh:

Genau aus vorgenanntem Grund bin ich bisher nicht näher auf deine Anmerkung eingegangen. Wie soll man verstehen, dass es einen "therapeutischen Sinn" machen kann, jemanden zu motivieren, einen vollen Aschenbecher auf den Boden zu schmeißen?

Im Versuch einer Erklärung (nicht für mipooh, der war dabei):
Jemand hatte den Wunsch, zwei gegensätzliche und nach den Gesetzen der Logik unvereinbare Dinge gleichzeitig zu tun/zu leben. Einerseits gab es gute und zwingende Gründe für "X", andererseits gab es gute und zwingende Gründe, die gegen X sprachen. Die Situation schien ausweglos.´- jedenfalls nach "konventionellem" Verständnis (übrigens durchaus auch nach meinem konventionellen Verständnis).

Es konnte hier - wenn überhaupt - also nur eine "unkonventionelle" Lösung geben und so versuchte ich, mit seinem Einverständnis zu ermitteln, wie weit er denn ganz grundsätzlich auch für Unkonventionelles offen sei, z.B. dass er den gefüllten Aschenbecher auf den Boden werfe (in gemütlicher Runde, wir waren ja nicht allein). Nachdem er sich vergewisserte, dass ich das tatsächlich ernst meinte, wischte er den Aschenbecher vom Tisch. Dort lagen nun also Asche und Zigarettenstummel und was weiß ich noch alles vor seinen Füßen auf dem Teppich - lauter unkonventionelle "Anker" eines Menschen für dessen Fähigkeit, unkonventionell zu sein und also auch unkonventionell unkonventionelle Lösungen zu finden. Und dort ließ ich das Zeugs auch liegen, egal, worüber wir im Laufe des Abends noch sprachen.

Nach einer folgenden "Minitrance" meinte er dann, tatsächlich einen Weg gefunden zu haben, wie er das vorher noch unlösbare Problem vielleicht lösen könne. So kann ihm letztlich die "verrückte" Aktion mit dem ver-rückten Aschenbecher als Anker dafür dienen, dass es einen Lösungsweg geben kann - wenn er es denn möchte.

Zur "provokativen Therapie": den Versuch, diese zu schematisieren und mit "Regeln" zu versehen, halte ich für nicht dienlich, aber die Grundhaltung und Idee dahinter, mit einem Klienten mal "ganz anders" umzugehen, finde ich sehr interessant, Beispiel:

"Weißt du, das mit deinem Erröten und mit deiner Redeangst hast du mir so plastisch beschrieben, dass ich das total gut nachempfinden kann. Und da du das ja schon so lange kennst, glaube ich auch nicht daran, dass sich das irgendwann ändern wird. Vielleicht bist du auch einfach zu dumm, um das mal zu ändern. Egal, welche Voraussetzungen andere Menschen haben, um nicht unter solchen Dingen zu leiden - du hast diese Voraussetzungen definitiv nicht. Dir fehlen sie einfach. Da kann man nix machen. Wo andere die benötigten Gehirnzellen haben, hast du nur ein Loch. Pech. Man kann nicht alles haben."

Natürlich kann man nicht bei jedem Anlass mit jedem so umgehen, aber dort, wo es passt, kann sowas eine gute Variante sein, denn es regt sich da natürlich irgendwann Widerstand, den man dann nutzen kann. Und wenn man länger so daherlabert, kommt es oft vor, dass die Leute zu lachen beginnen, weil sie plötzlich eine ganz andere Sichtweise entwickeln. (Frank Farelly sinngemäß: "Wenn der Patient während der Sitzung nicht lacht, wenden Sie auch keine Provokative Therpie an.")

Lieben Gruß
Lutz

Offline mipooh

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Re: Wie genau setzt man einen Anker in Hypnose?
« Antwort #13 am: 21. Sep 2009, 07:00 Uhr »
Abgesehen vom Lachen...
In den 80ern hatten wir einen Patienten, der stark regredierte. Er näßte ein, selbst tagsüber und zeigte sich hilfsbedürfig wie ein Kleinstkind. Auch sein Tag-/Nachtrythmus war völlig abhandengekommen. Nach vielen sonstigen Bemühungen schlug uns der Oberarzt eine Spezialbehandlung vor, eine paradoxe Intervention, wie er es nannte.
Nach langen Vorgesprächen, weil es notwendig war, dass wirklich niemand durch einen Fehler diese schwierige Arbeit gefährdete, wurde der Herr (ca Mitte bis Ende 60) ins Gitterbettchen gesteckt, gefüttert, gewindelt, ein wenig schwachsinnig wurde mit ihm gesprochen, wie das auch damals noch mit Kleinkindern üblich war und er bekam auch Kuscheltiere ins Bett gelegt.

Das hört sich einfach an, war aber nur vom Team unter ständiger Supervision zu leisten. Teilweise musste die auch unplanmäßig öfter als nur täglich einmal durchgeführt werden. Mehrere Mitarbeiter waren dadurch derart stark gefordert (es fühlte sich für sie einfach unmöglich und unwürdig an), dass ihnen verboten werden musste, weiterhin mitzuwirken. Natürlich nur "vor Ort", an den Teamgesprächen nahmen sie schon weiterhin teil. Das war so machbar, denn der Patient war allein in seinem "Kinderzimmer".

Es hat einige Tage gedauert, bis ganz plötzlich der Patient "die Faxen dicke hatte". Er wurde, nachdem er diese Behandlung zunächst geniessen konnte, aufgrund der beständigen Entmündigung, die ihm dann eben doch zu weit ging, derart wütend, dass er tatsächlich quasi aus dem Bett sprang und uns allen erklärte, dass wir doch wohl ein Rad abhaben.

Und wirklich, seine Regression zeigte sich nicht wieder, selbst seine Depression, die ihn wohl da hineingeführt hatte, schien wie weggeblasen. Er wurde dann kurze Zeit später nach Hause entlassen...

Für uns alle damals eine aufregende Geschichte. Wir alle, bis auf den Oberarzt und den Chefarzt, hatten dies zum ersten Mal ausführend miterlebt. Jeder war aufs äußerste damit beschäftigt. Ich als Pflegedienstleiter war sicher bis zu 10mal täglich dort bei den Mitarbeitern um sie seelisch zu unterstützen. Ein Altenpfleger und eine Altenpflegerin (die beiden waren dann die Mitarbeiter, die ausgeschlossen werden mussten, natürlich nur von dieser Behandlung und mit vollem Verständnis für ihre Grenzen) "konnten nach 2-3 Tagen einfach nicht mehr".

In gewisser Weise, da ja niemand wissen konnte, ob es wirklich funktionieren würde, war es für die meisten Beteiligten ein Experiment. Alle waren erleichtert, als dann endlich die Lösung deutlich wurde.

Ich selbst hatte damals (mehr intuitiv als reflektiert) gelernt, mit Depressiven eher provozierend als ständig ihrer Hilflosigkeit nachgebend umzugehen, was mir häufig das Unverständnis der sonstigen Umgebung einbrachte. Vom Rollenverständnis sind Krankenpflegekräfte ja immer nur lieb und nett, freundlich und höflich usw... jemanden ärgerlich zu machen, war da jedenfalls nicht enthalten...

Aber ich war und bin jedesmal froh, wenn ein Depressiver sich wenigstens noch über mich ärgern kann... 8)
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Offline Lutz

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Re: Wie genau setzt man einen Anker in Hypnose?
« Antwort #14 am: 22. Sep 2009, 01:06 Uhr »
Ähnliche und angeblich ähnlich erfolgreiche Geschichten werden ja auch von Erickson berichtet. Da wird dem, der sich für Jesus hält, angesichts des nahenden Osterfestes ein Kreuz gezimmert oder demjenigen, der gerne sein Krankenzimmer beschädigt, wird es mal *richtig* zerlegt usw. - jeweils mit der Folge, dass die Betroffenen anschließend "keine Lust" mehr auf ihre Symptome zu haben schienen und sie fallen ließen.

Was natürlich nachdenklich macht. Wenn offenbar "unkonventionelle" Reaktionen dazu geeignet sein können, eine Aufgabe von Symptomen zu fördern, in wie weit sind dann vielleicht "konventionelle" Reaktionen ungewollt Motor und Motivationsgeber für Symptome? Störungsbilder müssen ja nicht gleich iatrogen, also durch Behandlungen oder Behandler erzeugt sein, aber vielleicht doch in manchen Fällen gefördert...  :hmmm:

Und im (natürlich wenig überzeugenden) Versuch, zum Thema dieses Threads zurückzufinden: Sind vielleicht die "typischen" Reaktionen der Umwelt auf ein spezifisches Verhalten ggf. Anker zur Auslösung desselben?  ;)

Lieben Gruß
Lutz

 

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