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Autor Thema: Die tägliche Arbeit mit Klienten - wie geht Ihr damit um?  (Gelesen 8270 mal)

Offline Daylight

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Mich würde interessieren, wie ihr - als Praktizierende - mit folgenden Dingen umgeht:

Ich bin seit ca. 1 Jahr in eigener Praxis tätig. Mein Klientenaufkommen habe ich anfangs bewusst klein gehalten, damit ich mich mit jeden Klienten auch intensiv und individuell beschäftigen kann. Und damit meine ich nicht nur die einzelne Sitzung, sondern auch die Vorbereitung der Sitzungen/Suggestionen etc..
Mittlerweile (durch Werbung und Mundpropaganda) häufen sich jedoch die Anfragen.

Okay, z.B. die Rauchentwöhnung ist weniger problematisch. Da spüren die Klienten schnell, ob es Ihnen hilft oder nicht. Da ist der Erfolg/Mißerfolg sofort spürbar. Und die Vorbereitung hält sich in Grenzen, da es meist auch nicht so sehr ins „therapeutische“ geht.

Bei Gewichtsreduktion ist das anders. Da braucht es viel mehr Vorbereitung, viel mehr Feingefühl, viel mehr Eingehen auf den Klienten. Und viel mehr Sitzungen. Ich habe Klienten, die regelmäßig kommen wollen und bei manchen habe ich das Gefühl, denen geht es kaum mehr um die Gewichtsreduktion, sondern darum, jemanden zum Reden zu haben. Sie erzählen von Alltagsproblemen etc., suchen sozusagen regelrecht die persönliche Bindung zu mir.

Bitte versteht mich nicht falsch … aber da ich JEDE Sitzung für JEDEN Klienten individuell ausarbeite und aufbaue, ist da mittlerweile soviel „Hintergrundarbeit“ notwendig, dass ich manchmal kaum zu banalen Dingen des Geschäftslebens komme, wie Werbung/Buchhaltung, ganz zu schweigen von privaten Freiräumen.
Egal, wo ich bin, was ich tue … im Kopf ist noch die Sitzung für Frau X oder für Jugendlicher Y zu überdenken. Hab ich eine Sitzung hinter mir, gehe ich sie wieder in Gedanken durch … das hätte ich besser formulieren können … dies wiederum war super … wie gehe ich weiter vor.

Ich meine damit, dass diese Dinge fast mein ganzes Dasein beanspruchen. Und dabei ist meine Klientenzahl wirklich sehr überschaubar!

Meine eigentliche Frage ist:
Wie schafft man es, auf JEDEN Klienten wirklich einzugehen, ohne auf Standardsuggestionen/Standardsitzungen überzugehen. Ohne, dass sich im Kopf alles nur noch um die Klienten bzw. die Folgesitzung dreht?
Wie soll das funktionieren, wenn ich mal täglich mehrere Klienten habe?

Mir macht die Arbeit unglaublich viel Freude - vielleicht hänge ich mich deshalb auch so rein. Aber MUSS man nicht irgendwann zwangsläufig dazu übergehen, alles zu standardisieren, um das Pensum zu bewältigen?

Liebe Grüße - Daylight

Offline Lutz

  • Admin
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Re: Die tägliche Arbeit mit Klienten - wie geht Ihr damit um?
« Antwort #1 am: 19. Jun 2011, 16:37 Uhr »
Hallo Daylight,

es steht mir nicht an zu dozieren, was da nun richtig wäre, daher bitte das Folgende nur als meine persönliche Einstellung ansehen!  :)

Zitat
… aber da ich JEDE Sitzung für JEDEN Klienten individuell ausarbeite und aufbaue, ist da mittlerweile soviel „Hintergrundarbeit“ notwendig, dass ich manchmal kaum zu banalen Dingen des Geschäftslebens komme, wie Werbung/Buchhaltung, ganz zu schweigen von privaten Freiräumen.

Das halte ich für das Falscheste, was man machen kann - nicht nur wegen des von dir angesprochenen Aufwands und Zeitmangels, sondern weil ich es für nicht sachgerecht und sogar für äußerst kontraproduktiv für einen Beratungserfolg halte.

Wenn ich mich richtig erinnere, hatte ich mich mal vor ungefähr 10 Jahren auf zwei Sitzungen in der von dir beschriebenen Art vorbereitet. Ich hatte mir vorher Gedanken über eine Strategie gemacht, hatte mir Formulierungen überlegt usw., um mir all das zu notieren und dann kurz vor dem Termin nochmal artig durchzulesen und ins Gedächtnis zu rufen. Und als die Beiden dann da waren, hab ich es in kürzester Zeit über den Haufen geworfen und ganz was anderes gemacht. Damit war das Thema "Vorbereitung" für mich ein für allemal durch.

Denn ich hielt und halte inzwischen etwas ganz anderes nicht nur für hilfreicher, sondern für unabdingbar - das spontane Reagieren auf das, was ein Klient "gerade in diesem Moment" anbietet. Wenn ein Klient meint, da ginge ihm was auf den Keks, werde ich ihn vielleicht fragen, was das denn für ein keks ist und werde mich mit ihm über Backmischungen unterhalten oder über grazile Butterkekse im Vergleich zur stabilen "Prinzenrolle" oder sonstwas. Und wo ist überhaupt der Keks? Irgendwo da draußen oder im Körper? Wo im Körper usw.?

Meine letzte Klientin am Freitag Nachmittag meinte irgendwann, "es sei zum Haare-Ausraufen" und ihr seien tatsächlich auch schon Haare ausgegangen. Das gab dem Ganzen dann eine neue Wendung und als sie ging, fragte sie mich lachend: "Wissen Sie, was ich jetzt mache?" "Nö." "Ich gehe jetzt zum Friseur, das gönn ich mir!"

Sowas kann man nicht vorausplanen, das muss sich spontan aus der Sitzung ergeben. Und im Gegenteil würde man solche Chancen ungenutzt lassen, wenn man da bei einem vorbereiteten Konzept bliebe.

Letztendlich ist dabei auf Seiten des Beraters die Frage des "Selbst-Vertrauens" betroffen. Ich vertraue darauf, dass mein Unbewusstes mich während einer Sitzung leitet und mich intuitiv etwas hoffentlich Hilfreiches tun lässt. Und bisher denke ich, dass es das recht gut hinkriegt. Dazu steht ihm all das zur Verfügung, was ich mir bisher so zum Thema Hilfestellung angeeignet habe, nicht mehr aber auch nicht weniger. Und das würde nicht größer, wenn ich mir vor einer Sitzung jetzt noch schnell Gedanken machen würde.

Manche Klienten machen bei mir einen Termin, ohne mir zunächst zu sagen, worum es geht. Ist mir sehr recht. Und ich hab es auch schon gehabt, dass man mir auch in der Sitzung nicht sagen wollte, worum es geht. Na und? Dann eben nicht.

Zitat
Hab ich eine Sitzung hinter mir, gehe ich sie wieder in Gedanken durch … das hätte ich besser formulieren können … dies wiederum war super … wie gehe ich weiter vor.

Auch dabei bitte ich zu bedenken: Dein Unbewusstes leitet dich an, im jeweiligen Moment etwas bestimmtes zu sagen. Es wird dabei alles berücksichtigen, was relevant ist; nicht nur das Thema an sich, sondern auch Bemerkungen des Klienten, Bewegungen usw. Da kann es vorkommen, dass man selbst nicht erfasst, wie hilfreich das eigene Tun ist. Ich hab selbst schon manchmal gedacht: "Mensch Alter, wat hasste denn da erzählt? Ging doch gar nicht..." Und später erst hab ich gemerkt, dass es vielleicht doch gar nicht so dumm war...

Ich vermeide also jede Vor- (und Nach-) Bereitung und dies hier
Zitat
Bei Gewichtsreduktion ist das anders. Da braucht es viel mehr Vorbereitung

sehe ich also ganz anders.

Zitat
Wie schafft man es, auf JEDEN Klienten wirklich einzugehen, ohne auf Standardsuggestionen/Standardsitzungen überzugehen.

Meine Antwort wäre also: Spontanität.

Oder - den Hinweis möchte ich mir hier nicht verkneifen: > Heilschlaf-Hypnose <. Die stellt ein standardisiertes Vorgehen dar, das aber dem Klienten ausreichend Freiräume bietet, alles für sich Notwendige daraus zu machen - und das mit gutem Erfolg! (Und ohne jede individuelle Vorbereitung  ;).)

Lieben Gruß
Lutz

Offline Daylight

  • HypnoSequenz
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Re: Die tägliche Arbeit mit Klienten - wie geht Ihr damit um?
« Antwort #2 am: 19. Jun 2011, 16:58 Uhr »
Klingt gut, was du schreibst. Und ist auch mit Sicherheit der richtige Weg. Ich denke, dafür fehlt mir derzeit einfach noch die Erfahrung.

Auch noch soviele Seminare können einem die Arbeit in der Praxis nicht wirklich vermitteln.

Momentan benötige ich einfach noch meinen "Spickzettel" bei den Hypnosen. Was nicht heißt, dass ich Standardsuggestionen ablese. Aber den roten Faden hab ich gerne vor Augen - und natürlich gibt es auch bei mir Sitzungen, wo ich spontan umstrukturiere. Das geschieht dann aus der Situation heraus.

Vielleicht schmunzel ich in ein paar Jahren selbst über Beiträge wie den, den ich verfasst habe. Hoffentlich ..... :-)

Danke und liebe Grüße

Daylight

Offline Daylight

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Re: Die tägliche Arbeit mit Klienten - wie geht Ihr damit um?
« Antwort #3 am: 23. Jun 2011, 12:29 Uhr »
Schade ... hatte mir noch Antworten von anderen (besonders von Neulingen) erhofft. Wäre interessant zu lesen, wie eure Erfahrungen gewesen sind (bzw. noch sind).

Offline HypnoRo

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Re: Die tägliche Arbeit mit Klienten - wie geht Ihr damit um?
« Antwort #4 am: 13. Aug 2011, 22:11 Uhr »
Hallo , ich will mich erst mal vorstellen !
Mein Name ist Richard , komme aus Rosenheim und habe meine
Hypnose Ausbildung vor ein paar Monaten gemacht .
In den letzten 3 Monaten habe ich ca. 50-60 Sitzungen gemacht und
natürlich war ich beim ersten Mal , sagen wir es mal so , etwas angespannt ::)
Was ich aber von Anfang an bemerkte war , dass es mir nichts bringt wenn ich
eine größere Vorbereitung vor der Hypnose mache .

Ein ausführliches Vorgespräch , klar , ist selbstverständlich , aber ich schreibe mir dabei
nichts auf , keine Notizen oder ähnliches .
Ich lasse es "einfach fließen " wenn man es so ausdrücken kann , für mich
der beste Weg ! ;D
Das Feedback meiner bisherigen Klienten bestätigt mich auch dabei , dass ich
so am meisten bewirken kann ....Einfach fließen lassen ...

beste Grüße Ritsch

Offline Katharina

  • HypnoSequenz
  • Beiträge: 115
Re: Die tägliche Arbeit mit Klienten - wie geht Ihr damit um?
« Antwort #5 am: 15. Aug 2011, 06:30 Uhr »
Hallo ihr,

ich bin ja auch noch ein Neuling und mir ist für mich eins klar gewurden:
am Anfang habe ich auch immer meine Spickzettel gehabt. Das habe ich einmal getan und auch noch ein zweites mal und danach nie wieder. Alleine schon, wegen der Blindenschriftausdrucke. Das motiviert unumgänglich dazu, mit eigenen Worten zu arbeiten.
Also alle hypnotischen Standardtexte in Punktschrift in die Tonne getreten.
Am anfang war ich natürlich auch aufgeregt, ein wenig. Aber ich glaub, das ist normal. Wenn ich heute eine Hypnose mache, frage ich natürlich auch nach Sinn und Zweck und ob es etwas gibt, was da mit einfließen soll. Eine Frau war auch schon mal da, die wollte einfach wissen, wie das ist.
Mit ihr habe ich dann etwas zur Aktivierung der Kraftqellen gemacht und habe dann Dinge mit eingebaut, von denen ich dachte, die können ihr gefallen. Ich wusste ja, was ich für ein Grundthema habe und da kommt es nicht auf jedes Standardwort an.
Ein Schweizer Hypnotiseur sagte mal zu mir: es gibt sehr viele, unterschiedliche Rezepte, die zum selben Gericht füren und man muss für sich herausfinden, mit welchem Rezept man am besten kann.
Das fand ich für mich sehr hilfreich und auch irgendwie stimmig. Beim Kochen ist es nämlich ähnlich. Ich habe eine Rezeptur für Hachfleischsoße oder was auch immer in der Hand, die benutze ich vielleicht zwei mal oder so und danach schmeiße ich sie weg, weil ich dann durch ausprobieren und Tips feststelle, das kann man auc anders machen und trotzdem kommt mein Gericht dabei heraus. Scheiß aufs Rezept.
Es ist immernoch Hackfleischsoße.
In dem Zusammenhang fällt mir ein, ich hatte einmal eine Curryreispfanne mit Gemüse und Putengeschnätzeltem gemacht. Das war damals noch für meine WG-Mitbewohner. Ich hatte das gemacht, weil man da so wunderbar kreativ sein kann. Während andere Mondamin Soßenbinder nehmen, nehme ich creme fraech. Hm, schreibt man das so?
Na jedenfalls fragte mich dann jemand, der fleißig am in sich reinschaufeln war, was da drin ist und schaufelte immer weiter in sich rein bis ich dann irgendwann sagte: "Kreuzkümmel". Mit dem Wort muss er wohl irgendwas schlimmes oder nicht so tolles asoziiert haben, denn just in dem Moment schob er seinen Teller zur Seite und rührte nix mehr an.
Naja, lange rede, kurzer sinn, wenn ich weiß, was ich bezwecken will, kann ich das doch ruhig mit meinen eigenen Worten ausschmücken und brauche keine Standardformulierungen, bzw. vielleicht kommt dabei was ganz anderes heraus, als das, was ich ursprünglich mal wollte, weil es sich so ergeben hat.

Lieben Gruß
Katharina

 

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