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Autor Thema: Klient ist nicht hypnotisierbar  (Gelesen 5167 mal)

Offline hypnoheider

  • Beiträge: 1
Klient ist nicht hypnotisierbar
« am: 10. Sep 2017, 11:56 Uhr »
Hallo.
Voraus sei gesagt,das es ein 1,5 Std Vorgespräch mit Anamnese gab, Thema sehr starkes Schwitzen von klein an und Angst davor, Reden zu halten.Alle Fragen welche für eine Hypnose wichtig sind wurden geklärt und besprochen(dachte ich...)Das Vertrauen war da.
Bei diesem Klienten hat sich bei der Induktion herausgestellt,das er absolut keine visuelle Vorstellungskraft besitzt.Im Gespräch bejahte er diese Frage.Er kann sich Gefühle nur rational vorstellen,kann keine Freude zeigen,hat dabei trotzdem die bewusste Fähigkeit,Menschen zum Lachen zu bringen,oder bei Film im TV zu weinen(das findet er selbst komisch  das dann Tränen kommen)Bisherige andere Behandlungen waren ohne dauerhaften Erfolg.Deshalb sei Hypnose der letzte Strohhalm.
Erinnerungen an die Kindheit habe er nicht.Sein Wunsch war, das man den Auslöser in der Vergangenheit sucht und auflöst.
Das war leider absolut nicht möglich.Sitzung musste abgebrochen werden.Das hatte ich meiner mehrjährigen Praxiszeit noch nie.
Im Rapport erklärte der Klient, das er im Kopf hellwach war und sich kein Wort vorstellen konnte.Er versicherte das er keine Angst hat und wirklich in Hypnose gehen will.Er fühle sich wohl und woll so oft in Behandlung kommen wie es sein muss.Hauptsache,das Problem ist endlich weg.Wer kann mir Tipps geben?
Hat schonmal jemand eine Hypnose ohne Worte gemacht?
Oder hat jemand einen Tipp für mich,wie ich dem Klienten helfen kann?Herzlichen Dank im Voraus:-)

Offline Lutz

  • Admin
  • Beiträge: 3.017
  • Geschlecht: Männlich
Re: Klient ist nicht hypnotisierbar
« Antwort #1 am: 11. Sep 2017, 12:57 Uhr »
Hallo hypnoheider, grüß dich hier!

Beratung und Therapie haben ja das Ziel, konstruktive Veränderungen im Unbewussten zu bewirken. Dabei bedient man sich im Bereich der Hypnose gerne der Trance, weil die eine Veränderung begünstigen und erleichtern kann. Aber eine "formale" Trance ist andersrum keineswegs erforderlich, um Veränderungen auf unbewusster Ebene einzuleiten. Vor dem Werbeblock im Fernsehen tritt ja auch kein Hypnotiseur auf, damit die Werbung wirkt.

Mein Vorschlag daher: Wenn es mit einer formalen Trance bei euch nicht geklappt hat, dann hypnotisier' ihn eben nicht! Der Werkzeugkasten der Hypnose beinhaltet ja noch weitaus mehr Tools, um "an das Unbewusste heran zu kommen" - z.B. Metaphern. Metaphern lösen bei jedem(!) psychisch halbwegs gesunden Menschen innere Suchprozesse aus, die Veränderungen anstoßen können.

Z.B. im Hinblick auf das Schwitzen:
Läuft in einer Autowaschanlage ständig das Wasser? Nein, natürlich nur dann, wenn es sinnvoll ist, weil gerade ein Auto gewaschen werden soll. Regnen Wolken ständig? Nein, Gott sei Dank nicht, nur wenn die Bedingungen es verlangen, ansonsten verflüchtigen die sich auch gerne einfach mal wieder. Trägt er Windeln? Für den Fall, dass er keine trägt: Dann hat er also durchaus die Fähigkeit, Körperflüssigkeiten gezielt zurückzuhalten. Und überhaupt: weint er jetzt gerade? Vermutlich nicht, obwohl er das doch bei einem passenden Anlass wie einem anrührenden Film tut, zeigt er jetzt gerade die Fähigkeit, seine Tränenflüssigkeit zurückzuhalten... Er kann also durchaus Körperflüssigkeiten kontrollieren und bedarfsweise auch zurückhalten.
Und dann kann man sich (nicht ihn!) fragen: "Ich frage mich also, wie es funktionieren kann, dass Sie ihre Fähigkeit zur Kontrolle, die Sie ja bewiesenermaßen haben, zukünftig auch auf Ihre Schweißproduktion anwenden werden."

Vielleicht ist es dir aufgefallen: Diese Frage fragt nur danach, WIE das gelingen kann - und setzt dabei voraus, DASS es gelingen kann. Damit kann schon der erste Schritt getan sein - ganz ohne formale Hypnose.

Im Gegenteil könntest du ihn bitten, bei allem, was du sagst, auf jeden Fall vollständig hellwach zu bleiben und keinesfalls abzuschweifen, um nicht versehentlich in Trance zu geraten. Und dann kannst du wieder dich fragen: Ich frage mich gerade, ob Sie als Baby schon so geschwitzt haben oder ob das erst später begonnen hat, usw.... und wenn er dann auch nur ansatzweise beginnen sollte, nachdenklich zu werden oder mit den Augen abzuschweifen, "maßregelst" du ihn und erinnerst ihn daran, dass er doch bitte ganz wach bleiben und keineswegs abschweifen solle, weil das ja dann schon eine Gesprächstrance sei...
Das letztlich, um ihm zu demonstrieren, dass natürlich auch er gedanklich abschweifen kann (Trance) kann.

Und natürlich wird auch dieser Klient eine visuelle Vorstellungskraft haben. Frag ihn doch mal, wie er das finden würde, wenn du ihm lila Farbkleckse auf seine Wohnungstür pinseln würdest. Wenn er tatsächlich keine visuelle Vorstellungskraft haben sollte, könnte er dir diese Frage ja nicht beantworten. Und er könnte sich dann beim Friseur ja auch gar nicht für eine Frisur entscheiden, weil er gar nicht wüsste, wie andere Frisuren bei ihm aussehen würden. (Nicht bei Glatzenträgern thematisieren!)

Wenn aber jemand meint, er habe keinerlei visuelle Vorstellungskraft, dann wird es natürlich kritisch, wenn man visuelle Vorstellungen erzwingen will. Aber das muss man ja nicht.

Das eigentliche Problem aber scheint mir zu sein, dass er (vielleicht auch du?) eine Erwartungshaltung zur Hilfe mit Hypnose hat, die euch in eine Sackgasse geführt hat. Wenn man meint, man könne nur in womöglich noch tiefer Trance einen Auslöser "bewusst" finden, um den dann irgendwie zu bearbeiten - dann wird das wohl in diesem Fall nicht klappen.

Aber es geht ja auch anders. Das Gute am Unbewussten ist, dass es unbewusst ist. Du kannst also genausogut (in diesem Fall: besser) auch eine halbe Stunde lang zu "dem Teil seines Unbewussten sprechen, der für die Regelung von Körperflüssigkeiten zuständig ist". Und er kann dabei auf bewusster Ebene gerne ganz wach bleiben.

Und dann könntest du beginnen: "Hallo lieber Teil, ich nenne dich mal Paul, das klingt netter als 'Teil'. Wir wissen, dass du da bist und dass du dein Handwerk gut beherrscht. Ich hab nur leider keine Ahnung, warum du dich beim Thema 'Schweiß' bisher so schwer getan hast. Sicherlich gibt es dafür einen guten Grund. Da ist wohl mal früher irgendwas passiert, was dazu geführt. Und du weißt natürlich auch, dass früher eben früher war und dass früher mit heute nichts zu tun haben muss, geschweige denn mit morgen. Das weiß jeder, Paul." blablabla... Nennt sich Hypnose. ;)

Soweit meine Gedanken bis dahin.

Lieben Gruß
Lutz

 

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