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Autor Thema: Hypnose und Recht: Hypnose bei Zeugen rechtswidrig?  (Gelesen 4766 mal)

Offline Lutz

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Hypnose und Recht: Hypnose bei Zeugen rechtswidrig?
« am: 03. Feb 2011, 14:03 Uhr »
Hallo zusammen,

aktuell wird im Web auf zahlreiche (Zeitungs-) Artikel verwiesen, in denen der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri in seinem "Bayerischen Datenschutzbericht 2009/2010" eine (polizeilich empfohlene) Hypnose bei Zeugen als "glasklar rechtswidrig" einstuft. Und die Medien folgen ihm gerne (und gewohnt unkritisch), indem sie z.B. noch mit Attributen wie "fast ein bisschen gruselig", "merkwürdig", die Behörden gingen mal wieder zu weit, "kurios" das Ganze noch garnieren.

Und wenn man so einen Artikel (auch als interessierter Hypnotiseur) liest, kann man schnell den Eindruck gewinnen, dass da ein moderner Robin Hood in Form des bayerischen Datenschutzbeauftragten für die Rechte des kleinen Mannes kämpft und den dumpen Behörden mal zeigt, was sie da für einen Bockmist (u.a. mit Hypnose) bauen. Und natürlich nimmt man am Rande mit, dass Hypnose bei einem Zeugen also verboten ist. Glasklar. Punkt.

> Artikel im Donaukurier <

Bei näherer Betrachtung allerdings könnte sich das Glasklare auch als Milchglas herausstellen.

Die Argumentation geht auf den § 136a StPO zurück:

"(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose. ..."

Steht da, dass man (gemeint ist hier die Behörde) Hypnose nicht anwenden dürfe? Nein, das steht da nicht. Hätte der Gesetzgeber das gewollt, hätte er vermutlich geschrieben: "Hypnose darf man nicht anwenden".

Tatsächlich aber geht es in dem Paragraphen zunächst mal gar nicht um Hypnose, sondern darum, dass man "die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten" nicht beeinträchtigen dürfe - und das eben auch nicht durch Hypnose. (Es ist hier vom Beschuldigten die Rede, aber gem. § 69 StPO gilt das entsprechend auch für Zeugen.)

Daraus nun aber zu schließen, dass Hypnose generell nicht zulässig sei, machte nur dann Sinn, wenn man jede Form der Hypnose damit gleichsetzen müsste, dass durch sie unweigerlich "der freie Wille" genommen würde. Das wäre eine - ähm - "interessante" Unterstellung. Sie bedeutete u.a., dass z.B. therapeutische Hypnoseanwender ihren Klienten regelmäßig und unweigerlich deren freie "Willensentschließung und Willensbetätigung" raubten...
Ohne das hier also näher begründen zu müssen, darf man so eine Annahme wohl getrost als Ammenmärchen auf Stammtischniveau einordnen, um sich mal dem Duktus besagten Artikels anzunähern. Herr Petri ist nach meinen Recherchen Jurist und wird sich daher in Rechtsdingen gut auskennen, für eine zutreffende rechtliche Beurteilung des hier in Rede stehenden Themas allerdings sollte man sich eben auch mit der Hypnose etwas auskennen.

Und so gibt es im Web Kommentatoren, die das auch ganz anders sehen, auch Kossak schreibt:

"Gesetzgebung noch auf altem Wissensstand
(...) Angenommen wird weiterhin, dass Hypnose den Willen oder die Erinnerung beeinflusst."


> Quelle <

Es sind da womögliche alte, inzwischen nicht mehr sachgerechte Auffassungen zur Hypnose im Spiel, die Hypnose generell verboten sehen.

Auch gibt es noch einen anderen kritischen Ansatzpunkt:
Wenn der § 136a den freien Willen schützen will, was ist denn, wenn es gerade der freie Wille z.B. eines Zeugen ist, dass er gerne hypnotisiert werden möchte?

"Tja Herr Meier, da haben Sie leider Pech. Es könnte durchaus sein, dass Sie mit Hypnose das Kennzeichen des Autos benennen könnten, mit dem die Diebe Ihres Schmucks abgehauen sind, aber eine Hypnose müssen wir Ihnen verbieten, wir wollen nämlich Ihren freien Willen schützen. Der ist Ihnen ja wichtiger als Ihr Schmuck, haben wir gerade bestimmt." Hallo?

Wenn Herr Petri also eine bestimmte Meinung hat, soll er die gerne haben, ich für meinen Teil habe eine andere. Und welcher Meinung man sich anschließt, soll natürlich jeder für sich entscheiden, aber "glasklar rechtswidrig" ist da mal gar nix. Bevor man das eine oder andere nachplappert, nur weil es im Moment verschiedentlich in der Presse steht, sollte man bei Interesse lieber selbst nachlesen und sich dann vielleicht eine eigene Meinung bilden.  :)

Und bei all dem steht die Frage im Raum, was denn Hypnose bei einem Zeugen überhaupt mit Datenschutz zu tun haben soll. Datenschutz soll die "informationelle Selbstbestimmung" des Bürgers wahren helfen, ein Bürger soll also - vereinfacht gesagt - grundsätzlich selbst entscheiden können, was von dem, was er tut und denkt und was ihn betrifft, er an Dritte wie z.B. Behörden weitergibt. Was also hat eine freiwillige Hypnose mit dem Ziel, sich z.B. an ein fremdes Kfz-Kennzeichen zu erinnern und dies den Behörden mitteilen zu wollen(!), mit Datenschutz zu tun? Fürchtet Herr Petri, dass da ein mit Hypnose willenlos Gemachter unfreiwillig und ungefragt gesteht, dass doch er es war, der damals in der Sandkiste die Kuchenform an sich genommen hatte?
Wenn hier also etwas "gruselig" ist, dann ist es vielleicht die fachbezogene Unkenntnis, die aus solchen Ansichten spräche.

Ich jedenfalls werde auch weiterhin Hypnose für die Unterstützung in Gerichtsverfahren anbieten.

Lieben Gruß
Lutz

Offline mipooh

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Re: Hypnose und Recht: Hypnose bei Zeugen rechtswidrig?
« Antwort #1 am: 04. Feb 2011, 07:54 Uhr »
Tja, die guten alten Ängste...
bekannt seit "Adam, warum versteckst Du Dich?"...

Mißbrauch von was-auch-immer ist wohl sowas von Gemeingut geworden, dass mancher sich gar nicht mehr vorstellen kann, dass man ohne auskommt...
Gewohnheiten brauchen Gewöhnung...

Offline tiefeTrance

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Re: Hypnose und Recht: Hypnose bei Zeugen rechtswidrig?
« Antwort #2 am: 07. Feb 2011, 06:51 Uhr »
Hallo,

mich interessiert immer noch sehr, die Erinnerungsfähigkeit unter Hypnose.

Laut Manfred Spitzer würden wir eher Regeln lernen.

Bei ein paar Hypnose-Experimenten konnte ich mich nicht wirklich besser an etwas erinnern.
Auch hatte ich falsche Erinnerungen. Es gibt ja auch das False-Memory-Syndrom.
Sicher ist bei so einer Hypnose wichtig, nicht suggestiv zu arbeiten und noch ein paar Dinge.

In einigen Hypnose-Büchern gibt es dieses Beispiel, in dem der Hypnotisierte ein Buch bzw. eine Seite liest. Dann wird der Person das Buch/Blatt weggenommen und ein leeres Blatt bzw. Buch gegeben und die Person soll dann den kompletten Text wieder vorlesen. Angeblich soll das funktionieren. Bei mir hat's nicht geklappt.

Solche Versuche/Anwendungen interessieren mich.

Habt Ihr sowas auch schonmal ausprobiert?

Gruß
tiefeTrance

Offline Lutz

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Re: Hypnose und Recht: Hypnose bei Zeugen rechtswidrig?
« Antwort #3 am: 08. Feb 2011, 22:47 Uhr »
Hallo tiefeTrance,

ich kann mich nicht erinnern ( :)), solche Experimente mal gemacht oder ihnen auch nur beigewohnt zu haben.
Allerdings habe ich schon mehrfach mit Hypnose/Trance Dinge wieder gefunden, die ich irgendwo im Haus verloren/abgelegt hatte. Auch erinnern sich Klienten fast schon regelmäßig an längst "vergessene" Ereignisse, wobei ich dann allerdings natürlich nicht weiß, ob es "echte" oder "falsche" Erinnerungen sind.

Lieben Gruß
Lutz

 

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