Hallo zusammen,
Aus diesem - ebenso dem Menschen eigenen - absoluten Überlebenswillen...
Dass beim Menschen der Überlebenswille m.E. nicht absolut ist, zeigt sich ja daran, dass Menschen sich oft freiwillig für sehr gefährliche Handlungen entscheiden. In den Krieg zu ziehen, ist z.B. bekanntermaßen sehr gefährlich. Oder man geht noch einen Schritt weiter und stellt mal die Frage, wie es denn generell überhaupt sein kann, dass Menschen sich (oft wegen Nichtigkeiten) gleich direkt umbringen. (Der u.U. praktizierte 'Trick', sie dafür einfach mal posthum als krank zu bezeichnen und sich somit jeder weiteren Frage zu entziehen, stellt mich übrigens nicht zufrieden.)
Ich glaube, daß der Lebenswille auch beim Menschen in irgendeiner Form absolut ist. Um sich auf bestimmte "sinnlose" Unternehmungen einzulassen, wie z.b. Krieg oder auch nur aus dem Flugzeug springen (Fallschirm), konstruieren wir uns doch Ausreden oder Hilfskonstruktionen, sonst wäre dies nicht möglich. Selbst die Nazis mußten die jüdische Bevölkerung erst per Definitionem "entmenschlichen" um sie anschließend umbringen zu können. Und so weit ich weiß, ist dies in vielen Epochen und Kulturen so gewesen. Die Griechen, die ja schon demokratische und humanistische Züge hatten, haben letztendlich auch Individuen als Menschen und Nichtmenschen eingeteilt. So gab es Sklaven und diese hatten keinen Menschenstatus. Somit konnte man mit diesen machen was man wollte.
Nehmen wir doch einmal den Möllemann. Angenommen, er wollte sich wirklich umbringen: wie ist ein Mensch dazu in der Lage, die Reißleine nicht zu ziehen. Ich denke, Individuen können subjektiv entscheiden, daß etwas schlimmer als der Tod ist. Schließlich konstruieren wir uns unsere Wirklichkeit nur. Die US Soldaten im letzten Irakkrieg haben in ihren Panzern teilweise Heavy Metall Musik laufen lassen. Meiner Meinung nach, waren sie dadurch nicht mehr subjektiv in einem Krieg sondern in einem Computer Ego Shooter. Dies könnte es leichter machen andere Menschen (Spielfiguren) umzubringen.
Das solche Hilfskonstruktionen sich nicht wirklich mit der Realität decken, zeigen doch die Auswirkungen, die von unserer Presse kontinuierlich zurück gehalten werden. Ich weiß gar nicht, wie viele der Überlebenden US Soldaten in der Psychiatrie gelandet sind, oder ihr restliches Leben mit Depressionen und den folgen von posttraumatischen Erlebnissen verbringen. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, daß alle Menschen (z.B. Soldaten), die das Ermorden von Menschen psychisch relativ unbeschadet überstehen, EINEN AN DER KLATSCHE HABEN. Denn es ist für mich unnormal, andere Menschen zu töten (außer vielleicht in Notwehr).
Menschen können innerhalb ihrer sozialen Konstruktion von Wirklichkeit auch entscheiden, daß andere Menschenleben (leider) unterhalb vermeintlich wichtigerer Dinge subsumiert werden. Die logischen Ebenen aus dem NLP können mal als Beispiel herhalten.
-Umgebung-
-Verhalten-
-Fähigkeiten-
-Werte/Glaube-
-Identität-
-Spiritualität-
Wenn im meinem Wertesystem enthalten ist, daß man keine anderen Menschen verletzt oder tötet, kann es trotzdem sein, daß ich auf der Identitätsebene mich als Deutscher in der Art empfinde, daß "Die Deutschen" so wichtig werden und geschützt werden müssen, daß ich töten in Betracht ziehe. So oder ähnlich vielleicht im Dritten Reich passiert. Oder ich befinde mich auf der Spirituellen Ebene. Wie bei manchen extremen Moslems, wo dann alle anderen Glaubensrichtungen vernichtet werden müssen.
Allerdings möchte ich dazu noch anmerken, das in diesen Camps, in denen solch extreme Menschen herangezüchtet werden, wahrscheinlich andere Mechanismen eine Rolle spielen. Wenn die Kinder schon von klein an beigebracht bekommen, daß nach dem Tod der Himmel mit über 70 barbusigen Jungfrauen wartet, als wie unwichtig wird dann töten und der Tod selbst bewertet?
Zitat
Und ich glaube, daß man diese "Wichtigkeit" auf verschiedenen Ebenen erahnen kann - zumindest versuche ich dies für mich.
Wenn die Aufrechterhaltung einer individuellen Erkrankung irgendwie (z.B. auf spiritueller Ebene) 'wichtig' wäre, dürfte ein Therapeut sich dort ja eigentlich nicht einmischen...
Das habe ich anders gemeint. Eher, daß diese Aufrechterhaltung einer solchen Erkrankung wichtig ist, um einen derzeitigen Status Quo aufrechtzuerhalten. Im Sinne der Systemtheorie, daß ein System immer erst mal das bestreben hat, sich selbst aufrecht zu erhalten. Unabhängig davon, ob es stabilere Systemkonfigurationen geben könnte. Den Zusammenhang zur spirituellen Dimension sehe ich darin, daß man es als "Aufgabe" ansehen könnte, eine Systemstruktur aufzugeben, um eine "bessere" neu einleiten zu können. Dabei kann dann ein Therapeut oder Berater sinnvolle Hilfe sein.
Es geht mir hier nur um die Frage: Wenn jemand eine psychische Krankheit (auch im Sinne von Beeinträchtigung, Leiden, Störung...) hat, warum "heilt" er sich mit seinen Ressourcen, die wir ihm ja unterstellen, nicht selbst? Warum "gestattet" er sich Besserung/Heilung erst dann, wenn irgend ein Therapeut irgendwas mit ihm veranstaltet?
Ich glaube dies hängt zum einen damit zusammen, was ich gerade oben zum Ausdruck bringen wollte (Systemaufrechterhaltung) und zum anderen, mit dessen Konstruktion darüber, was er/sie selbst als ursächlichen Hintergrund für eine solche Krankheit empfindet. Naiv ausgedrückt: viele wissen doch gar nicht, daß sie alle Ressourcen in sich tragen, die sie benötigen. Dieser Satz ist hier bei uns Gang und gebe; und selbst dann, können wir nicht alle unsere Probleme so mirnichtsdirnichts lösen. Ist denn wirklich eine Krankheit selbst das Schlimme, oder die Meinung, die ich darüber habe? Würde, ein im Rollstuhl sitzen zumindest noch genauso schlimm sein, wenn wir eine Gesellschaft hätten, in der radikal ein Leben im Rollstuhl erleichtert wäre. Auf ganz niedrigem Nivau: Wenn z.B. alle physikalischen Dinge schon behindertengerecht wären, und ein Rollstuhlfahrer nahezu keinerlei Einschränkungen mehr hätte, Arbeit und Freizeit seinen Möglichkeiten nach auszuleben - dann könnte dieser sich VERWIRKLICHEN. Niedriges Niveau habe ich geschrieben, weil, was wäre, wenn Vorurteile gegenüber bestimmten Personen kreisen nicht existieren würden. Wenn man mit bestimmten Behinderungen gar nicht mehr auffallen würde? Jetzt sind wir beim Ideal und bei einer Utopie: wenn kein Mensch sich mehr in den Krieg schicken lassen würde; wenn die Hautfarbe egal wäre; wenn die Religion egal wäre; wenn das Geschlecht egal wäre; der soziale Status, weil es da keine Unterschiede gäbe; usf usf
Da gibt es ein Buch, welches ich zwar nicht gelesen habe, von Norbert Classen (oder so ähnlich). Dort wird die These vertreten, daß wir uns mit einer Krankheit wie Krebs herumschlagen müssen, weil wir unseren Planeten so behandeln, als wären wir (die Menschheit) selbst ein Krebsgeschwür für selbigen. Ein sehr systemischer Gedanke, wie ich finde.
Geht es nicht in therapeutischer oder beraterischer Arbeit auch darum, dem Klienten dabei zu helfen, seine Überzeugungen und Glaubensmuster über sich selbst und seine Symptomatik zu verändern. Dies ist doch allein schon durch die Tatsache des Placeboeffektes belegt. Wenn ich der festen Überzeugung bin, daß meine "Krankheit" nicht heilbar oder zumindest beeinflussbar ist, warum sollte ich dann bestimmte Möglichkeiten in Betracht ziehen. Es galt einmal als unmöglich zum Mond zu fliegen, die Schallgeschwindigkeit zu überschreiten, mit Aids leben zu können, undwasweissichnichtnochalles.
So weit ich weiß, ist es genau das, was Bandler so viel in seinen Seminaren macht. Er hält stundenlange Reden vor seinen Interventionen (Dramatisierung ;D) darüber, was man früher dachte, was alles Unmöglich war, um die festgefahrenen Glaubensmuster der Menschen ein bisschen auf zu weichen.
Und dann wird auf einmal Veränderung möglich . . . . .
Einen leidenschaftlichen Gruß,
Tom.