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Autor Thema: "Ausschaltung des kritischen Bewusstseins mit Hypnose"  (Gelesen 17788 mal)

Offline Lutz

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"Ausschaltung des kritischen Bewusstseins mit Hypnose"
« am: 07. Mär 2007, 01:39 Uhr »
Hallo ihr,

ich werde manchmal mit folgender These konfrontiert:

Hilfreiche therapeutische Hypnose funktioniere so, dass man das "kritische Bewusstsein" mit Hypnose in Trance ausschalte, um dann direkten, ungehinderten Zugang zum Unterbewusstsein (UB) zu haben. Dem könne man dann die hilfreichen Suggestionen "einimpfen", ohne dass sich ein Klient dem hindernd entziehen könne. Und das UB würde dann in der Zukunft das gewünschte neue Verhalten bewirken.

So eine Theorie hat wohl zwei Pluspunkte:
Zunächst mal ist es eine Theorie dazu, wie Hypnose wirkt (das ist ja keineswegs unumstritten).
Und zweitens ist sie so simpel, dass jeder Troll damit etwas anfangen kann. Und sie wäre so schön "logisch" dazu, würde sie denn zutreffen.

Wie denkt ihr darüber? Und - verbunden damit - "was" wird denn eigentlich hypnotisiert, also irgendwie "verändert": Bewusstsein oder UB?

Die Höflichkeit würde vielleicht gebieten, dass ich erstmal mit meiner eigenen Meinung in Vorlage ginge, was ich aber erstmal ausspare (dabei ist wohl nicht schwer zu erraten, wie ich zu dieser These stehe).

Lieben Gruß
Lutz

Offline mipooh

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Re: "Ausschaltung des kritischen Bewusstseins mit Hypnose"
« Antwort #1 am: 07. Mär 2007, 02:29 Uhr »
Du stellst immer Fragen...
Ich denke, es ist ein wenig so, aber es ist ziemlich schlecht ausgedrückt.
Trance beinhaltet eine Verlagerung des Focus von allzu kritisch wertend (aufgrund bisheriger Maßstäbe) hin zu Aufnahmebereitschaft. Dass man währenddessen eine erhöhte Suggestibilität hat bedeutet nicht gleich, dass man etwas sinnvoll untergejubelt bekommt. Funktioniert sicher auch vorübergehend ein wenig "besser" als etwas einfach nur so (ohne Trance) zu sagen. Aber eben nicht zuverlässig.

Ich erinnere mich, dass in (meinen) "schwersten" Trancen Menschen mal so ausprobieren wollten, wie weit sie gehen konnten (Einfluß, Manipulation). Nun hatten nicht sie die Trancen induziert, von daher gibt es einen kleinen Unterschied zur Hypnose, aber meine Abwehrfähigkeit (auch ansonsten ganz netten Menschen gegenüber) war dadurch keineswegs völlig ausgeschaltet.

Ich weiss aber, dass es auch viele Menschen gab, bei denen schon ein erheblicher (schädigender) Eindruck erweckt wurde. Die sich dem dann nicht oder nur schwer entziehen konnten.

Denke, dass dies prinzipiell auch für die Hypnose gilt. Es kann so sein, ist aber unsicher und vor allem allein für sich betrachtet sinnleer.
Ist also sowohl vom Klienten abhängig als auch vom Hypnotiseur, ob es so gehandhabt wird/werden kann.

Ich würde meine erhöhte Suggestibilität lieber dazu nutzen, bewusst miterlebend meine eigene Verwandlung zum guten zu lenken. Man will ja schliesslich auch was davon haben...
Gewohnheiten brauchen Gewöhnung...

Offline Susanne

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Re: "Ausschaltung des kritischen Bewusstseins mit Hypnose"
« Antwort #2 am: 07. Mär 2007, 08:57 Uhr »
Mal ins Unreine gedacht/geschrieben.

Wenn eine Hypnose davon abhinge, dass das kritische Bewußtsein sich abschalten muß, um einen Zugang zum Unterbewußtsein zu erhalten, dann würden wohl wenige Mensch hypnotisierbar sein.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es Menschen gibt, die es geradezu brauchen, dass ihr kritisches Bewußtsein/Intellekt auf einer Ebene als Zuschauer/Beobachter oder kontrollierende, weil beschützende, Instanz am Hypnoseprozess beteiligt ist.
A ndererseit ist es so, dass eine Reduzierung des intellektuellen bewertenden Bewußtseinsfilters den Weg frei macht, um neue bis dato nicht erreichbar scheinende Wahlmöglichkeiten und Handlungsviarianten zu eröffnen.

Über das "suggestionen einimpfen" verliere ich lieber keine Worte 
"Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man etwas Schönes bauen."
(Goethe)

Offline MindCore

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Re: "Ausschaltung des kritischen Bewusstseins mit Hypnose"
« Antwort #3 am: 07. Mär 2007, 09:53 Uhr »
Moinsen,
Zitat
Dem könne man dann die hilfreichen Suggestionen "einimpfen", ohne dass sich ein Klient dem hindernd entziehen könne.
nur am Rande. Von einer reinen Suggestionstherapie halte ich nicht viel. Das ist aber lediglich meine persönliche Meinung.

Zitat
Wie denkt ihr darüber? Und - verbunden damit - "was" wird denn eigentlich hypnotisiert, also irgendwie "verändert": Bewusstsein oder UB?
Dazu greife ich mal einen Bericht von dir wieder auf, der meine persönliche Meinnung sehr genau trifft.
Zitat
Hypnotherapie kann (wie Subliminals oder Metaphern auch) zunächst auf unbewusster Ebene Prozesse und Änderungen in Gang setzen, die sich aber nur dann auch bemerkbar machen, wenn sie auch auf bewusster Ebene eine Änderung bewirkt haben.

Nehmen wir einen Depressiven: "Alles Mist, keinen Bock, bringt eh nichts..."
Kannst du dir vorstellen, dass der nach einer erfolgreichen Hypnotherapie Bäume pflanzt, einen Wellness-Urlaub macht, auf Partys abfeiert, während er weiterhin traurig sagt: "Alles Mist, keinen Bock, bringt eh nichts..."?

Wohl kaum. Und andersrum: wenn er weiterhin so redet, wird das wohl auch nichts mit den genannten Aktivitäten.

Sagt für mich fast schon alles. Daher ersparre ich euch weitere Kommentare.  ;D

Gruß Eddie

Miraculus

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Re: "Ausschaltung des kritischen Bewusstseins mit Hypnose"
« Antwort #4 am: 07. Mär 2007, 12:26 Uhr »
Hallo zusammen,

wenn man von einem Kritikvermögen sprechen würde, dann wäre wohl etwas dran, wenn es auch vereinfachend ausgedrückt ist.
In einer Trance ist die "Lernfähigkeit" erhöht, also die Fähigkeit, alte Muster zu verlieren und neue zu "gewinnen".
Außerdem ist die Kritikfähigkeit zumindest in einer bestimmten Hinsicht reduziert: Während ansonsten beispielsweise die fünf Sinne (eigentlich natürlich mehr) Auskunft darüber geben, wie die Welt für mich gerade beschaffen ist, können diese "Informationsquellen" in der Trance in ihrer Bedeutung zurücktreten. (Beispiel: Halluzinationen).
Die Trancelogik ist ein Beispiel für das "elastischere" Denken. Was ansonsten als unmöglich, gar als widersinnig gilt, kann hier in gewissem Umfang akzeptiert werden.

Das heißt m.E. jedoch nicht, daß der Hypnotisierte nun völlig unkritisch wäre: Es scheint eher so, daß nur eine bestimmte Art von kritischem Vermögen reduziert wird.
Dies zeigt sich etwa daran, daß der Hypnotisierte auf einer bestimmten Ebene offenbar sehrwohl zwischen halluzinierter und wahrgenommener Wirklichkeit unterscheiden kann, und daran, daß er Suggestionen ablehnen kann, die ihm fremd sind.

Was aber mit "kritischen Bewußtsein" gemeint ist weiß ich nicht, denn das Bew. als solches wird ja nicht "ausgeschaltet".
Außerdem gibt es ja nur die eine menschliche Psyche, und sowohl im Bew. als auch im UB gibt es Kritikvermögen. Hier scheint man mir die an sich ja hilfreiche metaphorische Unterscheidung zwischen UB und Bew. etwas überzustrapazieren.

Zitat
Dem könne man dann die hilfreichen Suggestionen "einimpfen", ohne dass sich ein Klient dem hindernd entziehen könne.
Das mit dem "nicht hindern entziehen" halte ich in dieser Form für Unsinn. Außerdem wäre es absurd, dies auch nur zu versuchen.

Zitat
Und - verbunden damit - "was" wird denn eigentlich hypnotisiert, also irgendwie "verändert": Bewusstsein oder UB?

Nach dieser Theorie wird wohl das UB therapeutisch verändert, was indirekt dann wieder auf das Bew. wirkt, so verstehe ich es.

Ich selbst gehe bei Klienten nie rein und nicht einmal überwiegend suggestiv vor, halte aber bestimmte Suggestionen auch nicht für schlecht.
Es ist ja etwas völlig Natürliches, daß wir durch positive Suggestionen beeinflußt werden, v.a. in der Kindheit, etwa wenn ein Elternteil einem vertrauensvoll und ermutigend versichert, daß man etwas schafft. Das kann unter Umständen ungeheure Wirkungen haben und das Selbstbewußtsein nachhaltig stärken.
Wenn man nun in der Hypnose solche Prozesse gezielt und "technisiert" auslösen möchte, dann muß das nicht unbedingt falsch sein. Wenn ein Hypnotiseur einem Raucher suggestiv versichert, daß er es schafft aufzuhören, wenn er möchte, und daß er schon die richtige Lösung findet (vorausgesetzt selbstredend der Raucher möchte das), dann habe ich nichts dagegen.
"Zwingende" Suggestionen dagegen halte ich für bedenklich.

LG Miraculus

Offline Lutz

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Re: "Ausschaltung des kritischen Bewusstseins mit Hypnose"
« Antwort #5 am: 08. Mär 2007, 01:45 Uhr »
Hallo ihr,

Zitat
Du stellst immer Fragen...

tja, so isser halt...  :ratlos:

Vielen Dank für eure Meinungen! Ich hab mit diesem Beitrag hier noch ein bisschen gewartet, weil es ja hätte sein können, dass sich auch noch jemand meldet, der besagte Theorie vertritt. Aber das kann ja vielleicht noch kommen.

Gut - ob denn eine reine Suggestiv-Therapie an sich sinnvoll ist, soll hier mal ausgeklammert bleiben, mir ging es hier nur um die mitgelieferte Begründung für eine angenommene Wirksamkeit.

Bis auf einen Punkt habt ihr alle auch meine Meinung vorweggenommen - eine (suggestive) Hypnosetherapie funktioniert bestimmt nicht deswegen, weil das Bewusstsein und/oder dessen Kritikfähigkeit ausgeschaltet wird.

Zitat
... Reduzierung des intellektuellen bewertenden Bewußtseinsfilters...
Zitat
...sowohl im Bew. als auch im UB gibt es Kritikvermögen ...

In diesem Punkt habe ich allerdings eine andere Auffassung. Ich glaube, dass das Bewusstsein selbst überhaupt nicht filtern oder kritisieren kann. Wenn jemand dennoch auf bewusster Ebene abweisende Kritik oder Skepsis äußert, dann nicht deswegen, weil diese Haltung "bewusst" entstanden ist, sondern weil das Unbewusste so eine Haltung vorweggenommen und erzeugt hat, und das Bewusstsein ist als "verlängerter Arm des Unbewussten" lediglich die Instanz, die diese längst gefällte Entscheidung formuliert.
Wir haben dabei allerdings die Illusion, bewusst über etwas nachgedacht zu haben, um dann zu einem vielleicht "logischen" und "richtigen" Ergebnis zu kommen.

Schon von daher machte es gar keinen Sinn, eine (fälschlich) angenommene Kritikfähigkeit des Bewusstseins ausschalten zu wollen.

Lieben Gruß
Lutz

Offline mipooh

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Re: "Ausschaltung des kritischen Bewusstseins mit Hypnose"
« Antwort #6 am: 08. Mär 2007, 07:54 Uhr »
Diese Argumentation spricht aber nicht dafür, dass das Bewusstsein keine Kritikfähigkeit beinhalte, sondern gegen die künstliche Trennung der Instanzen Bewusstsein/Unterbewusstsein.
Ich bilde mir weiterhin ein, zu denken. Und auch Stimmungen auszuleben, die mein UB dazu "zwingen", so lange zuzugucken und sich den ganzen Senf zu merken, wie ich das will. Wenn es dann anschliessend durch ein Übergewicht meiner intendierten Stimmungslagen diese selbst reproduziert, soll mir das recht sein. Deswegen tue ich es ja. Und wenn es sich dann auch noch die Lorbeeren einstecken will/soll, dann meinetwegen, dafür kann ich mir eh nichts kaufen...
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Offline MindCore

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Re: "Ausschaltung des kritischen Bewusstseins mit Hypnose"
« Antwort #7 am: 08. Mär 2007, 17:23 Uhr »
Moinsen,
Zitat
Wenn jemand dennoch auf bewusster Ebene abweisende Kritik oder Skepsis äußert, dann nicht deswegen, weil diese Haltung "bewusst" entstanden ist, sondern weil das Unbewusste so eine Haltung vorweggenommen und erzeugt hat, und das Bewusstsein ist als "verlängerter Arm des Unbewussten" lediglich die Instanz, die diese längst gefällte Entscheidung formuliert.
Yes sir.  Der gute alte/neue Glaube, über den freien Willen.  ;)

Gruß Eddie



Offline Lutz

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Re: "Ausschaltung des kritischen Bewusstseins mit Hypnose"
« Antwort #8 am: 08. Mär 2007, 19:35 Uhr »
Hallo ihr,

@ mipooh:

Zitat
Diese Argumentation...

ich hab ja gar nicht argumentiert und werde mich auch bei dem Thema hüten, das auch nur zu versuchen. Hab nur geschrieben, was ich denke.  :)

Wie Eddie schon angedeutet hat, gibt es derzeit ja eine Bewegung aus der Neuropsychologie, die uns einen "freien Willen" auf bewusster Ebene ohnehin abspricht. Mal abgesehen davon, dass ich auch dem zustimme, wollte ich hier aber nur den Punkt mit der Kritikfähifkeit ansprechen.

Zitat
Ich bilde mir weiterhin ein, zu denken.

Stimmt. Auch ich bilde mir ein zu denken. Gehe aber davon aus, dass ich nur in dem Rahmen denken "darf", den mir mein UB zuweist. Um mal hoffentlich anschaulich zu demonstrieren, was ich damit meine, hier mal ein paar Beispiele aus einem ganz anderen Bereich, die kein "Beweis" sein sollen, sondern nur das Prinzip verdeutlichen sollen. Wer eine Verbindung zu diesem Thema nicht herstellen kann, für den hat es dann doch hoffentlich wenigstens einen kleinen Unterhaltungswert  :) :

Beim Drücken auf folgenden Link hört ihr 10 kurze Töne - ob mit Lautsprecher oder Kopfhörer, ist dabei ziemlich egal:


Wenn ihr die Lautsprecher richtig herum angeschlossen/den Kopfhörer richtig herum aufgesetzt habt, werdet ihr diese Tonfolge "von links" hören.
Und nun kommt eine neue Tonfolge, die hörbar macht, was schon während der "Tonfolge 1" auf dem rechten Lautsprecher zu hören war:


Wer nun denkt: da hat er sich aber geirrt, das war doch das vom linken Lautsprecher - nein, er hat sich (ausnahmsweise mal) nicht geirrt. Das, was in "Tonfolge 2" auf dem rechten Lautsprecher zu hören ist, ist genau so und auch in dieser Lautstärke bereits in "Tonfolge 1" auf dem rechten Lautsprecher zu hören. Wer daran zweifelt, kann sich ja nochmal die 1 anhören und dabei ganz nah an den rechten Lautsprecher rangehen oder die linke Kopfhörermuschel absetzen - es ist definitiv da!

Was ist nun passiert, warum hören wir es bei "Tonfolge 1" nicht?
Weil unser UB mehrere Entscheidungen getroffen hat, auf die wir auch im Nachhinein keinerlei Einfluss haben. Der "Trick" hinter den dargebrachten Tönen ist folgender: linker und rechter Lautsprecher geben tatsächlich dieselben Töne in identischer Lautstärke wieder, aber die Töne auf dem rechten Lautsprecher kommen 5 Millisekunden später.

"Gut", mag man nun sagen, "was in der Natur am linken Ohr etwas früher ankommt, kommt ja auch von links, also ist das ja nur schlüssig."
Stimmt, aber das UB hat noch weitere Entscheidungen getroffen:

Was in der Natur von links kommt, kommt auf dem rechten Ohr nicht nur später an, sondern leiser an (weil ja der Kopf dazwischen ist). In diesem Fall ist das nicht so, es ist rechts definitiv genau so laut wie links. Meldet uns unser UB diese Besonderheit? Nein.

Was in der Natur von links kommt, kommt auf dem rechten Ohr nicht nur später an, sondern klingt anders (weil der dazwischen liegende Kopf und das der Schallquelle abgewandte rechte Ohr den gehörten Klang beeinflussen). In diesem Fall ist das nicht so, es klingt rechts definitiv genau so wie links. Meldet uns unser UB diese Besonderheit? Nein.

Und der Ton, der hier benutzt wurde, den gibt es in der Natur gar nicht, das ist ein sogenannter "Sinuston", der nur künstlich erzeugt werden kann. Meldet uns unser UB diese Besonderheit? Nein.

Unser UB entscheidet ganz eigenständig, auf welch (reduzierter) Ebene wir bewusst denken können. Und es entzieht uns Fakten und Aspekte, die seiner Meinung nach nicht bewusst werden sollen. Und das gilt nich nur für die Wahrnehmungspsycholgie.

In den USA arbeitet man vor dem Hintergrund der Terrorbekämpfung an einem "Lügendetektor" auf Gehirnwellenbasis: man zeigt Leuten wertfreie und dazwischen "sensible" Bilder, die irgendwie mit Terrorismus in Verbindung stehen, und misst dann die frühe elektrische Reaktion der Hirnwellen und damit der Neuronen, die ganz eigenständig und autonom "empathisch reagieren", wenn ein persönlicher Bezug zu erkennen ist. Wenn uns etwas bewusst wird und wir beginnen, über etwas nachzudenken, ist der Lolli längst gelutscht!  :)

Ich denke z.B. an mein Neuröschen (nicht zu verwechseln mit Dornröschen): wenn ich von draußen reinkomme, "muss" ich mir die Hände waschen. Das hab ich ca. 30 Jahre lang gemacht, ohne das überhaupt zu merken. Dabei hatte ich keine geheimnisvolle Stimme im Ohr, die mir zujault: "Huhuu, huhuu, wasche dir deine Hände, huhuu...!" Nein, das UB hat das viel geschickter gemacht. Wenn ich reinkomme, fühlen sich die Hände immer so komisch "trocken" an. Und ich fühlte mich durchaus als souveräner, kompetenter Mensch, der fürchterlich schlau ist, wenn er dieser Trockenheit ganz intelligent und ganz aus freiem, bewussten Entschluss durch Händewaschen zu begegnen weiß - Pustekuchen!

Wir sind Meister darin, die eigene "Fremd"bestimmtheit durch unser UB vor uns zu vertuschen und die Illusion des freien Denkens und freier Entscheidungen aufrecht zu erhalten. Irgenwann hab ich dann den (wahrscheinlich) wahren Grund herausgefunden: eine Suggestion aus meiner Kindheit.

Aber ich will, wie gesagt, hier nicht argumentieren oder gar überzeugen, ich wollte nur ganz wenige meiner Gesamtüberlegungen nennen, die mich zu meiner Ansicht kommen ließen. Vielleicht mag ja, dadurch angeregt, jemand für sich selbst wenigstens in Betracht ziehen und prüfen, ob das Bewusste vielleicht weit weniger autonom und damit kritikfähig ist, als man mal annahm. Und wenn nicht, macht das auch nix.  :)
Sorry für den langen Beitrag!  ;)

Lieben Gruß
Lutz

Offline mipooh

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Re: "Ausschaltung des kritischen Bewusstseins mit Hypnose"
« Antwort #9 am: 09. Mär 2007, 02:51 Uhr »
Merkwürdig... ich käme gar nicht auf die Idee, mir darum einen Kopf zu machen.
Liegt sicher daran, dass ich mich hartnäckig weigere, zwischen Bewusstsein und Modellinstanzen zu unterscheiden. (theoretisch klar, aber praktisch wüsste ich wirklich keinen Sinn)
Ein Ich mit einem Willen ist ein prozeßhaftes historisches Geschehen. Wer sollte denn auf die absurde Idee kommen, dies als unabhängig von irgendetwas zu betrachten? Eine kümmerliche Vorstellung von sich selbst als das "eigentliche" zu sehen?
Nee, so kompliziert ist mein Leben nicht...

Auf meinem Kopfhörer war der erste Ton beidseitig.
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Barbara

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Re: "Ausschaltung des kritischen Bewusstseins mit Hypnose"
« Antwort #10 am: 09. Mär 2007, 05:54 Uhr »
Guten Morgen  :)

Ich habe mir die Tonfolgen auch mal angehört und der Ton ist bei der Tonfolge 1 beidseitig vorhanden, ja. Ich höre ihn allerdings nur von links kommend. Erst wenn ich die linke Kopfhörermuschel absetze, höre ich den Ton auch rechts.

Lieben Gruß
Barbara

Offline Lutz

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Re: "Ausschaltung des kritischen Bewusstseins mit Hypnose"
« Antwort #11 am: 09. Mär 2007, 10:50 Uhr »
@ mipooh:

Zitat
Merkwürdig... ich käme gar nicht auf die Idee, mir darum einen Kopf zu machen.

Muss man ja auch nicht, vor allem dann nicht, wenn man Hypnose/Selbsthypnose eben nur für sich selbst anwendet - wobei hier "nur" nicht abwertend gemeint ist, sondern lediglich die Einschränkung hinsichtlich möglicher Anwendungen ausdrücken soll.

Wenn man aber mit anderen und dann vielleicht noch therapeutisch arbeitet, kann es im Sinne der Klienten von großem Interesse sein, sich über die Instanzen bewusst <-> unbewusst schon mal etwas einen Kopp zu machen.  :)

Habe für dich nochmal die Tonfolge 1 in modifizierter Form eingestellt. Bei jedem 2. Ton sind nun die Seiten links und rechts vertauscht. Solltest du nun nicht wahrnehmen, dass der Ton scheinbar immer hin- und herspringt, wärst du ein menschliches Phänomen.  :)


Lieben Gruß
Lutz

Offline mipooh

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Re: "Ausschaltung des kritischen Bewusstseins mit Hypnose"
« Antwort #12 am: 09. Mär 2007, 13:21 Uhr »
Danke für das Kompliment... ich bin ein menschliches Phänomen... ich bin ein menschliches Phänomen... ich bin ein menschliches Phänomen...
ich bin ein menschliches Phänomen... ich bin ein menschliches Phänomen... ich bin ein menschliches Phänomen...  :D
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Offline Susanne

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Re: "Ausschaltung des kritischen Bewusstseins mit Hypnose"
« Antwort #13 am: 09. Mär 2007, 14:32 Uhr »
Oder einfach ein wenig schwerhörig auf dem einen oder anderen Ohr  ??   >:D
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(Goethe)

Miraculus

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Re: "Ausschaltung des kritischen Bewusstseins mit Hypnose"
« Antwort #14 am: 09. Mär 2007, 20:10 Uhr »
Hallo zusammen,

jetzt gebe ich auch einmal meinen Senf dazu (den natürlich niemand auf schlucken muß).  :)

Daß unser UB eine Vorauswahl unseres Denken und Wahrnehmens scheint mir unbestreitbar zu sein, ebenso, daß wir im Alltag vielen Rationalisierungen unterworfen sind.

Dennoch halte ich es für prinzipiell unmöglich, weil selbstwidersprüchlich, jeden  freien Willen und jede Art des freien Denkens abzustreiten.

Was die ganzen Experimente von Libet u.a. angeht, so bin ich da nicht sehr bewandert, habe aber gehört, daß es verschiedene Arten von Kritik an seinem Experiment gibt: Einmal von Neurowissenschaftlern selbst, die "interne" methodische  Einwände haben. Außerdem ist es sehr fragwürdig, ob man die gemessenen Bereitschaftspotentiale, die dem Willensentschluß vorausgehen, tatsächlich mit dem Willen gleichsetzen kann. Es wäre ja auch bei der Annahme eines freien Willens naiv zu meinen, daß dem keine unbewußte Tätigkeit vorausgeht. (Libet selbst räumt dem freien Willen eine Art Vetofunktion ein, da seine Probanden einen Akt immer noch trotz des bereits aufgetretenen Bereitschaftspotentials stoppen kann. Überhaupt habe ich gehört, daß er mit den Interpratationen seines Experiments zurückhaltender sein soll als manche seiner "Jünger".) Daneben gibt es gegen sein Experiment und andere dieser Art weitere methodisch und interpretative Einwände.

M.E. gibt es aber einen sehr grundsätzlichen Einwand gegen die unbewußte Determination des ganzen Denkens: Jeder, der etwas behauptet, erhebt einen Wahrheitsanspruch. Das gilt auch dann, wenn jemand nur behauptet, daß etwas wahrscheinlich so und so sei, oder daß es vernünftige Gründe für etwas gebe: Zumindest, daß etwas wahrscheinlich oder auch nur möglich sei, ist dann ja die Behauptung.
Außerdem wird in einer Behauptung auch implizit die rationale Begründetheit mitbehauptet, wenn ein sinnvoller Wahrheitsanspruch gestellt werden soll.

Wenn jemand behauptet, daß es überhaupt kein freies Denken gebe, das nach den Gesetzen der Vernunft erfolge, sondern daß alles nur durch das UB ud seine uneinsehbaren und womöglich irrationalen Überlegungen gesteuert werde, dann gräbt er sich m.E. selbst das Wasser ab.
Wenn ich nämlich behaupte, daß eine bestimmte These vernünftigund begründet ist, dann kann ich schlecht behaupten, daß ich gar nicht zu rationalem Urteilen fähig wäre.

Wenn jemand etwa die These ablehnt, daß es so etwas wie bewußte Kritik und ein bewußtes freies Denken gibt, dann behauptet er gewöhnlich nicht, daß diese seine These mit Vernunft, Wahrheit und Argumenten überhaupt gar nichts zu tun habe und er sie nur wegen den Launen seines UBs vertreten würde; zumindest hier behauptet er für gewöhnlich, daß sie einsichtig, wahr (oder zumindest plausibel) sei, und sich auf rationale Überlegungen stützen könne. Er benutzt also all die Prinzipien um seine These aufzustellen und zu begründen, deren Gültigkeit er gerade in ebenjener These abstreitet. Das ist ein impliziter Widerspruch.
M.E. ist es offensichtlich, daß derjenige, der Ansprüche der Wahrheit, Erkenntnis und Rationalität stellt, grundsätzlich die Möglichkeit zu wirklicher rationaler Erkentnis von Wahrheit einräumen muß.

Außerdem gibt es, glaube ich, auf der ganzen Welt wohl keinen einzigen Menschen, der mit der Unfreiheit des Willens ernst macht. Er dürfte sonst ja niemanden mehr loben und tadeln, niemandem Vorwürfe mache usw.

Natürlich steht es jedem frei meine Behauptungen zu kritisieren, doch mag man sich überlegen, ob diese Kritik, wenn man konsequent ist, etwas mit Vernunft zu tun hat, oder ob sie nur an unbekannten unbewußten Prozessen liegt, die nur die Illusion von rationaler Begründbarkeit erzeugen.  :)

LG Miraculus

 

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