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F o r u m => Praktische Fälle => Thema gestartet von: mr.actor am 05. Jan 2009, 20:34 Uhr

Titel: NICHT willenlos...ein gutes Beispiel!!
Beitrag von: mr.actor am 05. Jan 2009, 20:34 Uhr
Hallo Leute!

Ich habe mal wieder ein kleines Beispiel aus der Praxis für die Theorie!! ;)

Vor Kurzem habe ich eine gute Freundin von meiner Frau und mir bei einem Frühstücksbesuch hypnotisiert. Sie war sehr interessiert an der Hypnose, äußerte aber in unserem Vorgespräch immer wieder, dass sie sich nicht zum "Löffel" machen wolle. Ich versuchte sie zu beruhigen, dass ich

1. Sowieso nichts mit meinen Probanden machen würde, was sie in irgendeiner Weise vor anderen bloßstellen oder peinlich berühren würde, und
2. Ihr UB Sachen, die sie nicht möchte, weil sie gegen ihre Selbstbestimmung oder ethischen Grundwerte stoßen würden, gar nicht erst ausführen würde, und
3. sie für alles was sie in Hypnose macht, auch im UB eine Zustimmung vorhanden sein muss.

Ich leitete also eine Hypnose ein. Es verlief alles super und von Vertiefung zu Vertiefung merkte man auch sehr schön, dass sie sich immer mehr auf die Hypnose einlassen konnte. Sie hatte alle äußerlichen Symptome, die mir zeigten, dass sie definitiv in einer Hypnose war, jedoch klappten keine Wirksuggestionen, die in irgendeiner Hinsicht für meine Frau als Zuschauerin witzig gewesen wären. Ihr UB wollte sie nicht zulassen, weil sie schon bei solchen Sachen wie das Vergessen des eigenen Namens, was im Wachzustand für sie noch nichts war, was sie lächerlich gemacht hätte, im UB als "Lächerlich machen" interpretiert wurde.

Ich versuchte es mit einigen harmlosen Sinnestäuschungen, aber nichts hat funktioniert. Ich verschwendete also nicht weiter die kostbare Zeit damit und widmete mich eher den Wohlfühlsuggestionen und einigen Levitationen, damit sie mit einer positiven Erinnerung aus der Hypnose wieder rauskommen konnte.

Dies Experiment war für mich sehr interessant und ich nehme es seither immer als Beispiel dafür, dass eine hypnotisierte Person nicht zwangsläufig WILLENLOS sei!


Gruß Sascha
Titel: Re: NICHT willenlos...ein gutes Beispiel!!
Beitrag von: Lutz am 07. Jan 2009, 03:25 Uhr
Hallo Sascha,

Zitat
... Beispiel dafür, dass eine hypnotisierte Person nicht zwangsläufig WILLENLOS sei!

das kann ich nur unterstreichen. Eine besondere Bedeutung bekommt diese Erkenntnis übrigens im therapeutischen Kontext: wer meint, dass ein Klient/Patient nur ausreichend tief in Trance sein müsse, um gut gemeinte Suggestionen "willenlos" anzunehmen bzw. zu seinem eigenen Willen zu machen, wird immer wieder an Grenzen stoßen.

Ein Hypnotiseur sollte "die Rechnung nie ohne den Wirt machen" - und der "Wirt" bei der Hypnose ist immer der Hypnotisand.  :)

Zitat
Ihr UB wollte sie nicht zulassen, weil sie schon bei solchen Sachen wie das Vergessen des eigenen Namens, was im Wachzustand für sie noch nichts war, was sie lächerlich gemacht hätte, im UB als "Lächerlich machen" interpretiert wurde.

Ist das eine Vermutung deinerseits oder wie kommst du darauf?

Lieben Gruß
Lutz
Titel: Re: NICHT willenlos...ein gutes Beispiel!!
Beitrag von: Garry Moon am 07. Jan 2009, 14:12 Uhr
hallo sascha,
wie lange würdest du sagen hat deine gesamte sitzung gedauert?
wie hast du vertieft?
würde mich mal interessieren ;)
lg
garry
Titel: Re: NICHT willenlos...ein gutes Beispiel!!
Beitrag von: mr.actor am 07. Jan 2009, 18:36 Uhr
Hi!!!

Schön wurde es gestern auch nochmal bei "Meischberger" erwähnt, bei Bühnenhypnosen entsteht der Effekt, der hier natürlich auch gewollt ist, dass die Probanden augenscheinlich willenlos sind, durch die "innere Zustimmung" der Person und nicht durch die herausragenden oder gar besonderen Fähigkeiten des Hypnotiseurs!! ;)

@Lutz:


Ist das eine Vermutung deinerseits oder wie kommst du darauf?


Allerdings...es ist mir hier besonders aufgefallen, weil, entgegen aller anderen Probanden, die ich hatte, diese Freundin von vorn herein sagte, dass sie sich zwar gerne hypnotisieren lassen wolle, um zu sehen wie es ist, sich aber auf keinen Fall lächerlich machen möchte. Und ich glaube diese "Angst" löste in ihrem UB eine Blockade aus, die die Wirksuggestionen wirkungslos machten!


@ Garry:

Eigentlich bin ich wie immer vorgegangen...ich versuche meist durch mehrere Faktoren zu vertiefen.

1. Fraktionierung mit posthypnotischen Suggestionen zum Vertiefen beim nächsten Signal
2. Durch einfache Bewegungsexperimente, die ja auch eine weitere Vertiefung hervorrufen und
3. Durch kleine Metaphern oder Geschichten, die verschiedene Sinneskanäle ansprechen.

Die Sitzung an sich hat circa 30 Minuten gedauert und ich würde die VP als in einer anfänglichen mittleren Trance befindlich einschätzen!

Lieben Gruß
Sascha
Titel: Re: NICHT willenlos...ein gutes Beispiel!!
Beitrag von: Lutz am 07. Jan 2009, 20:56 Uhr
Hallo Sascha,

Erickson hat in der Hypnose den Gedanken der "Utilisation" eingeführt und meinte damit die Nutzung der "Gesamtpersönlichkeit" eines Klienten für Tranceerfolge - oder mit anderen Worten: jedem Klienten seine eigene, auf ihn abgestimmte Tranceinduktion und Suggestionen.

Das Folgende möchte ich ausdrücklich nicht als "Trick" verstanden wissen, um Leute z.B. zu Showzwecken zu "übertölpeln", sondern als Gedankenanregung, um das Prinzip dahinter deutlich zu machen. Wann man sowas anwendet, sollte man in jedem Fall für sich selbst (und den Klienten/Probanden) abwägen.

Nehmen wir mal rein theoretisch an, dass deine Probandin eine erfolgreiche, stolze und gut bezahlte Sekretärin wäre - die sonstigen Vorgaben so, wie du sie geschildert hast: sie möchte eine Trance erleben, sich aber keinesfalls lächerlich machen.

Nun könnte man "standardisiert" vorgehen und die Experimente "einfach so" ausprobieren, das Ergebnis kann dann so oder so ausfallen, je nachdem, wie die Probandin es für sich bewertet. Und wenn sie ein Vergessen des Namens als lächerlich einstuft und aber nicht lächerlich dastehen möchte, wird es eben vielleicht nicht funktionieren.

Oder man geht eben, dem Gedanken der Utilisation folgend, anders vor, z.B. so:

"Und natürlich weißt du, dass du eine gute Sekretärin bist. Als solche ist es dein täglich Brot, Vorgänge zu organisieren und Prioritäten einzuräumen. Du beherrscht es aus dem "ff", Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden und Dringliches von weniger Dringlichem zu trennen. Diese Fähigkeiten sind dir in Fleisch und Blut übergegangen und zeichnen dich aus. Und diese Kompetenz kann sich auch bei ungewöhnlichen Anlässen zeigen.

So hast du nun die Möglichkeit, uns diese deine Kompetenz zu demonstrieren. Dein Name ist z.B. im Moment völlig unwichtig. Wir kennen dich auch ohne deinen Namen. Und daher kannst du deinen Namen nun vorübergehend noch viel unwichtiger machen, so, wie du es in deinem Job ständig mit unwichtingen Dingen tust, denn es gibt jetzt etwas viel Wichtigeres und Dringlicheres zu tun, nämlich deine Kompetenzen zu zeigen und eine weitere Kompetenz flexibel dazuzulernen, nämlich so gut zwischen Wichtigem und Unwichtigem unterscheiden zu lernen, dass man Unwichtiges vorübergehend sogar vergisst..."
usw.

Damit würde sich für sie eine ganz neue Situation ergeben, die auch zu einer anderen Bewertung und damit zu einem Erfolg werden könnte. Eine Garantie ist natürlich auch sowas nicht.  :)

Lieben Gruß
Lutz
Titel: Re: NICHT willenlos...ein gutes Beispiel!!
Beitrag von: mr.actor am 07. Jan 2009, 21:33 Uhr
Hi Lutz!

Das hört sich ziemlich plausibel an und ich werde es bei der nächsten Gelegenheit mal ausprobieren. Da meine Freundin ja im Bewusstsein das Vergessen des eigenen Namen zulässt, denke ich wäre es unbedenklich, wenn ich es einmal versuche! ;)

Vielen Dank für den Tipp, nicht dem Trick! ;)

LG
Sascha

P.S.: Mir fällt es immer schwer auf solche Formulierungen zu kommen, auch wenn ich schon viel über die Ericksonsche Methode gelesen habe!